Radarsensoren in Fahrerassistenzsystemen
Hier finden Sie nützliches Wissen und wertvolle Tipps rund um das Thema Spurwechselassistent bzw. Toter Winkel Assistent.
Im Rahmen der Weiterentwicklung der Fahrerassistenzsysteme zur Unfallvermeidung, steigt zunehmend das Interesse an Radarsensoren für Assistenzsysteme für den rückwärtigen Bereich. Immer mehr Fahrzeugmodelle werden serienmäßig mit diesen Sensoren ausgerüstet sein. Aus diesem Grund ist das Thema Diagnose und Reparatur nicht nur für die Markenwerkstatt, sondern auch für die freie Werkstatt früher oder später Bestandteil des Werkstattalltags. In diesem Artikel möchten wir uns speziell mit dem Thema Radarsensoren für Heckanwendungen und deren Einsatz im Fahrerassistenzsystem „Spurwechselassistent“ befassen.
Wichtiger Sicherheitshinweis
Die nachfolgenden technischen Informationen und Tipps für die Praxis wurden von HELLA erstellt, um Kfz-Werkstätten in ihrer Arbeit professionell zu unterstützen. Die hier auf dieser Webseite bereitgestellten Informationen sollen nur von einschlägig ausgebildetem Fachpersonal genutzt werden.
Immer mehr Fahrerassistenzsysteme zur Unterstützung des Fahrers werden zunehmend mit Radarsensoren ausgerüstet. Ein Vorteil dieser Technik ist, dass Radarsensoren unabhängig von Witterungsverhältnissen ein präzises Messergebnis erzielen können. Mit der Begrifflichkeit „Radar“ verbindet man in erster Linie Luftfahrt oder Schifffahrt. Dort haben sich diese Systeme seit Jahren etabliert und bewährt. „Radar“ ist die Abkürzung für Radio Detection and Ranging und bedeutet frei übersetzt „Funkortung und Abstandsmessung“.
Vereinfacht dargestellt sendet ein Radargerät gebündelte elektromagnetische Wellen in Lichtgeschwindigkeit, sogenannte Primärsignale, aus. Treffen diese Wellen auf ein Objekt, werden sie als Echos (Sekundärsignale) reflektiert und vom System empfangen und ausgewertet. In der Auswertelektronik des Systems können dann Richtung, Entfernung und Geschwindigkeit bestimmt werden.
Radarsensoren werden zur Abstandsmessung in Fahrerassistenzsystemen im Front- und Heckbereich in unterschiedlichen Assistenzsystemen eingesetzt.
Radarsensoren für Frontanwendungen, wie die adaptive Fahrgeschwindigkeitsregelung ACC (Adaptive Cruise Control), sind bereits seit Jahren in unterschiedlichen Kraftfahrzeugen erhältlich.
Im Rahmen der Weiterentwicklung der Fahrerassistenzsysteme zur Unfallvermeidung, steigt zunehmend das Interesse an Radarsensoren für Assistenzsysteme für den rückwärtigen Bereich. Immer mehr Fahrzeugmodelle werden serienmäßig mit diesen Sensoren ausgerüstet sein. Aus diesem Grund ist das Thema Diagnose und Reparatur nicht nur für die Markenwerkstatt, sondern auch für die freie Werkstatt früher oder später Bestandteil des Werkstattalltags.
Seit mehr als einem Jahrzehnt produziert HELLA Radarsensoren im Bereich 24 GHz-Schmalband. Bereits 2005 brachte HELLA die erste Generation 24 GHz-Radarsensoren zum Serieneinsatz. Die Sensorik ist für die mittlerweile etablierten Standardfunktionen wie Totwinkelerkennung, Spurwechselassistent sowie rückwärtige Ausparkunterstützung geeignet.
Der Radarsensor erfasst Geschwindigkeits-, Winkel- und Abstandsinformationen von Objekten im Bereich von bis zu 70 Metern hinter dem Fahrzeug und wertet diese aus. Seit der ersten Gerätegeneration wird hier das Modulationsverfahren LFMSK (Linear Frequency Modulation Shift Keying-Verfahren) eingesetzt.
Mit Hilfe dieses Verfahrens kann der Abstand und die Relativgeschwindigkeit mehrerer Ziele mit nur einem Signal (Chirp), dessen Frequenz sich zeitlich verändert, erfasst und bestimmt werden.
In der dritten Radar-Generation wird eine weiterentwickelte FM Variante verwendet, wobei die Modulationsbandbreite auf max. 200 MHz begrenzt ist. Das System arbeitet mit einer durchschnittlichen Sendeleistung von 13 dBm (EIRP) in einem Frequenzband zwischen 24,05 und 24,25 GHz. Die daraus resultierende Ortsauflösung von 0,75 m eignet sich für die realisierten Heck-Funktionen. Zur Winkelbestimmung dient hierbei das Monopuls-Verfahren. Das System führt auf Basis spezifischer Signalverarbeitungsansätze einen Phasenvergleich der Radar-Reflexionen über die verschiedenen Empfangszweige durch.
In der vierten Generation Radarsensoren ist eine weitere Sicherheitsfunktion, der Ausstiegsassistent, integriert. Damit lassen sich Gefahrensituationen, wie vorbeifahrende Fahrzeuge, frühzeitig vor dem Ausstieg erkennen und die Fahrzeuginsassen warnen.
TECHNISCHE DATEN | |
---|---|
Messprinzip | LFMSK (Linear Frequency Modulation Shift Keying-Verfahren) |
Frequenzbereich | 24,15 GHz/ISM |
Bandbreite | <= 200 MHz/ISM |
Übertragungsleistung | <= +20 dBm Höchstleistung, EIRP |
Taktzeit | 1,5 m bei 200 MHz OBW |
Geschwindigkeitsmessung Relatives Geschwindigkeitsintervall |
-70 m/s bis +70 m/s |
Erfassungsbereich – Azimuth | 165° |
Eine technische Innovation innerhalb der Fahrerassistenzsysteme ist der Spurwechselassistent. Dieser informiert den Fahrer über mögliche Gefahren beim Spurwechsel auf mehrspurigen Straßen und Autobahnen und dient der Vermeidung von Unfällen und trägt somit zur Sicherheit im Straßenverkehr bei.
In diesem Abschnitt werden die nachfolgenden Systeminformationen beispielhaft an dem Fahrerassistenzsystem “Audi Side Assist“ dargestellt.
Der Spurwechselassistent besteht aus einem Master- und einem Slave-Steuergerät, die von ihrem Aufbau her identisch sind. Zusammen mit einem integrierten Radarsensor bilden beide Steuergeräte jeweils eine eigenständige Komponente. Oberhalb des Radarsensors ist das Steuergerät mit einem Kunststoffdeckel versehen. Dieser Deckel, auch als „Radom“ bezeichnet, besteht aus einem speziellen Material, das von den Radarstrahlen optimal durchstrahlt wird.
Das Steuergerät „Master“ (1) ist hinter dem Stoßfänger auf der linken Seite und das Steuergerät „Slave“ (2) hinter dem Stoßfänger auf der rechten Seite montiert.
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Zusätzlich verfügt das System über zwei 4-LED-Warnleuchten, die jeweils in den Gehäusen der Außenspiegel links und rechts integriert sind.
Ein Taster, über den die Funktion Spurwechselassistent ein- bzw. ausgeschaltet werden kann, ist oberhalb der linken vorderen Türverkleidung in der Abdeckung integriert.
Über eine integrierte LED-Leuchte im Taster wird der Funktionsstatus angezeigt. Das System speichert den zuletzt eingestellten Zustand und übernimmt diesen bei Neustart.
Der Spurwechselassistent „Side Assist“ arbeitet ab einer Geschwindigkeit von 30 km/h. Der Erfassungsbereich (A) der Radarsensoren beträgt ca. 50 Meter hinter und ca. 3,60 Meter (B) neben dem Fahrzeug.
Das System überwacht das Verkehrsgeschehen hinter und neben dem Fahrzeug mit Hilfe der Radarsensoren. Der überwachte Bereich beinhaltet den, für den Fahrer nicht sichtbaren, „toten Winkel“ sowohl auf der Fahrer- als auch auf der Beifahrerseite.
Befindet sich ein Kraftfahrzeug in dem überwachten Bereich und es wird kein Spurwechsel durchgeführt, erfolgt die Fahrerinformation durch ein schwaches Leuchten der LED-Anzeigen in den Außenspiegeln rechts oder links. Die Intensität der Leuchtstärke ist niedriger, damit der Fahrer nicht unnötig abgelenkt wird. Wird in dieser Situation durch den Fahrer der Blinkerhebel für einen Fahrspurwechsel betätigt, wird der Fahrer durch intensives Blinken der Warnlampe auf der entsprechenden Seite rechts oder links im Außenspiegel gewarnt.
Wird ein Kraftfahrzeug vom System erfasst, wird gleichzeitig vom jeweiligen Steuergerät die Zeit bis zu einer möglichen Kollision berechnet. Anhand dieser Auswertung unterscheidet das System zwischen näherkommenden, mitschwimmenden und zurückfallenden Kraftfahrzeugen.
Zur Berechnung der Fahrerinformation über eine mögliche Gefahrensituation, benötigt der Spurwechselassistent zahlreiche Informationen. Die notwendigen Informationen erhält das Steuergerät aus unterschiedlichen Quellen.
Master- und Slavesteuergerät sind über einen eigenen High-Speed-CAN-Datenbus miteinander verbunden. Der Datenaustausch erfolgt mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 500 kBit/s. Zur weiteren Kommunikation im Fahrzeug ist das Master-Steuergerät mit dem Diagnose-Interface verbunden, um sich mit anderen Busteilnehmern auszutauschen.
Einheit | Information |
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Steuergerät Schalttafel | Fahrerinformation optisch und akustisch über auftretende Störungen |
Regen-Licht-Sensor | Informiert das Mastersteuergerät über die aktuell gemessene Umgebungshelligkeit zur Anpassung der Warnleuchten |
ABS-Steuergerät | Information über Radgeschwindigkeit und Gierrate |
Steuergerät Anhängererkennung | Information Anhängerbetrieb |
Taster Spurhalteassistent | Information Spurhalteassistent „Ein oder Aus“ |
Zentralsteuergerät Komfort |
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Steuergerät Startberechtigung | Information Zugang-Startberechtigung und Schlüsselinformation |
Steuergerät Anzeige- und Bedieneinheit | Fahrerwunsch „Helligkeit Warnleuchten“ |
Im Falle einer Systemabschaltung werden folgende Hinweise im Display des Kombiinstruments angezeigt:
Hinweise im Display | Ursache |
---|---|
Audi Side Assist nicht verfügbar: Sensoren blockiert | Der Arbeitsbereich bzw. die Sicht der Sensoren ist durch einen Fahrradträger oder Ähnliches blockiert. |
Audi Side Assist: Systemstörung | Durch einen defekten Sensor kann das System keine sichere Funktion mehr gewährleisten und schaltet ab. |
Audi Side Assist: zurzeit nicht verfügbar | Vorübergehende Abschaltung aufgrund einer defekten Batterie oder zu niedrigem Ladezustand. |
Audi Side Assist: im Anhängerbetrieb nicht verfügbar | Anhängerbetrieb wurde erkannt. |
Das Radarsystem ist so ausgelegt, dass alle Fahrsituationen auf normalbreiten Fahrspuren mit einer linken und rechten Fahrspur abgedeckt sind. Trotzdem kann das System in einigen Fällen die Warnlampe im Spiegel einschalten, obwohl sich kein Fahrzeug im kritischen Bereich für einen Spurwechsel befindet.
Beispiel-Situationen laut Fahrzeughersteller:
Zur einwandfreien Funktion des Spurwechselassistenten darf der Stoßfänger im Bereich der Radarsensoren nicht abgedeckt oder beklebt werden. Zusätzlich sind diese Bereiche im Winter schnee- und eisfrei zu halten.
In diesem Video zeigen wir Ihnen Diagnose- und Reparaturhinweise zum Fahrerassistenzsystem "Spurwechselassistent".
03:41 min
Die Systemfunktionen des Spurwechselassistenten werden kontinuierlich überwacht. Auftretende Fehler werden im Fehlerspeicher des Steuergerätes abgelegt und können mit einem geeigneten Diagnosegerät ausgetauscht werden. Je nach System können zusätzliche Parameter angezeigt und zur Fehlersuche herangezogen werden.
Im Rahmen einer Fehlersuche können folgende Diagnosefunktionen zur Hilfe genommen werden:
In dieser Funktion können die im Fehlerspeicher abgelegten Fehlercodes ausgelesen und gelöscht werden. Zusätzlich können Informationen zum Fehlercode abgerufen werden.
In dieser Funktion können die aktuellen Messwerte des Steuergerätes angezeigt werden.
Hier können spezielle System- und Steuergeräteinformationen abgerufen werden.
Die unterschiedlichen Diagnosemöglichkeiten wurden beispielhaft anhand des Diagnosegerätes mega macs 66 dargestellt. Die jeweilige Prüftiefe und Funktionsvielfalt ist abhängig von der jeweiligen Systemkonfiguration des Steuergerätes.
Um eine sichere Funktion des Spurwechselassistenten zu gewährleisten, muss dieser nach folgenden Arbeiten angepasst werden:
Um das System zu kalibrieren, werden neben einem Diagnosegerät zusätzlich ein Dopplergenerator und eine Kalibriertafel benötigt. Nach Vorgabe des Fahrzeugherstellers werden die Prüfwerkzeuge hinter dem Fahrzeug entsprechend ausgerichtet. Der Dopplergenerator simuliert ein sich bewegendes Objekt. Der Kalibriervorgang wird durch das Diagnosegerät gestartet und nach vorgegebenen Arbeitsabläufen geführt. Innerhalb dieses vollautomatischen Ablaufs erkennt das Steuergerät die erforderlichen Korrekturwerte aus der Ist- und Sollposition und speichert diese für die zukünftigen Abstandsmessungen.
Gar nicht hilfreich
Sehr hilfreich