Reifendruckkontrollsystem
Hier finden Sie nützliches Wissen und wichtige Tipps rund um das Thema Reifendruckkontrollsysteme bei Fahrzeugen.
Alle Neufahrzeuge haben seit Ende 2014 serienmäßig ein Reifenkdruckkontrollsystem an Bord. Es warnt vor zu niedrigem Reifendruck und schützt den Autofahrer vor erhöhtem Kraftstoffverbrauch und Reifenschäden. Technikinteressierte finden auf dieser Seite viele Details zu den jeweiligen Systemvarianten, Praxis-Tipps für den Räderwechsel und wichtige Hinweise, die bei der Reifenmontage beachtet werden müssen.
Wichtiger Sicherheitshinweis
Die nachfolgenden technischen Informationen und Tipps für die Praxis wurden von HELLA erstellt, um Kfz-Werkstätten in ihrer Arbeit professionell zu unterstützen. Die hier auf dieser Webseite bereitgestellten Informationen sollen nur von einschlägig ausgebildetem Fachpersonal genutzt werden.
Der Reifendruck ist ein wesentlicher Sicherheitsfaktor des Automobils. Die häufigsten Reifenschäden sind auf einen schleichenden Druckverlust zurückzuführen. Dieser wird von den Fahrern des Fahrzeugs oftmals zu spät bemerkt. Ein zu niedriger Reifendruck führt zu erhöhtem Kraftstoffverbrauch und einem schlechten Fahrverhalten. Damit verbunden sind auch eine Erhöhung der Reifentemperatur und ein größerer Verschleiß. Als Folge eines zu geringen Reifendrucks kann der Reifen plötzlich platzen. Dies bedeutet ein enormes Sicherheitsrisiko für alle Insassen. Daher sind Reifendruckkontrollsysteme (RDKS) seit November 2014 für alle Neufahrzeuge in der EU vorgeschrieben.
Auch der allgemeine Teile-Handel bietet verschiedene Systeme zum Nachrüsten an. Reifendruckkontrollsysteme überwachen den Reifendruck und die Reifentemperatur. RDKS gibt es schon länger am Markt, vor allem in Fahrzeugen der Oberklasse. In den USA sind sie bei Neufahrzeugen bereits seit mehreren Jahren vorgeschrieben. Somit ist es an der Zeit, dass jede Werkstatt sich mit diesem Thema vertraut macht. Denn schon beim Räderwechsel kann es, durch mangelhafte Kenntnis der Systeme, zur Beeinträchtigung der RDKS kommen.
Man unterscheidet zwischen zwei grundlegend unterschiedlichen Systemen, dem indirekten und dem direkten Reifendruckkontrollsystem.
Bei den indirekt messenden Systemen erfolgt die Drucküberwachung mit Hilfe der fahrzeugseitigen ABS-Sensoren. Das ABS-Steuergerät erkennt den Druckverlust eines Reifens durch den geänderten Abrollumfang. Ein Reifen mit niedrigem Luftdruck macht mehr Umdrehungen als mit korrektem Luftdruck. Allerdings arbeiten diese Systeme nicht so genau wie direkt messende Systeme und benötigen einen Druckverlust von ca. 30 %, bevor eine Warnmeldung erfolgt.
Der Vorteil liegt in dem relativ günstigen Preis, da viele bereits vorhandene Fahrzeug-Komponenten genutzt werden können. Es ist lediglich eine angepasste ABS-Software und eine zusätzliche Anzeige in der Instrumenteneinheit notwendig.
Wesentlich genauer aber auch aufwändiger und somit teurer, sind die direkt messenden Systeme. Hier ist in jedem Rad ein batteriegespeister Sensor untergebracht. Dieser misst die Temperatur und den Druck des Reifens und gibt die Messwerte über Funk an das RDKS-Steuergerät bzw. die Anzeigeeinheit weiter. Zur Übertragung des Funksignals dienen eine oder mehrere Antennen.
Direkte Systeme vergleichen den Reifendruck mit einem im RDKS-Steuergerät hinterlegten Referenzwert, was den Vorteil hat, dass auch Druckverluste mehrerer Reifen gleichzeitig erkannt werden. Darum kann es erforderlich sein, dass nach dem Reifenwechsel ein Neuabgleich (Kalibrierung) oder eine Neucodierung der Sensoren erforderlich ist.
Ein weiterer Nachteil der direkt messenden Systeme besteht darin, dass die Batterien nach ca. 5 – 10 Jahren ausgetauscht werden müssen. Da diese je nach Hersteller mit den Sensoren eine Einheit bilden, bedeutet das oftmals einen Komplettaustausch der Sensoreinheit.
Ein notwendiger Batteriewechsel wird von der Anzeigeeinheit rechtzeitig angezeigt und kann somit nicht zum plötzlichen Systemausfall führen. Beim Wechseln von Sommer- auf Winterräder ist darauf zu achten, dass zusätzliche Radsensoren angebracht bzw. vorhandene Sensoren umgebaut werden müssen. Damit es bei der Reifenmontage nicht zu Beschädigungen oder Funktionsstörungen kommt, sind einige wichtige Punkte zu beachten.
Vor dem Rad- bzw. Reifenwechsel ist grundsätzlich darauf zu achten, inwiefern das Fahrzeug über ein RDKS verfügt. Zu erkennen ist dies z. B. an einem farbigen Ventil, einer farbigen Ventilkappe, einem Symbol im Kombiinstrument oder einer zusätzlichen Anzeigeeinheit (bei nachgerüsteten Systemen). Es ist empfehlenswert, gleich bei der Fahrzeugannahme, den Kunden nach einem RDKS zu fragen und auf die Besonderheiten hinzuweisen.
Bei aktiven Systemen sind folgende Punkte zu beachten:
Da es im Markt eine Menge unterschiedlich arbeitender Systeme verschiedener Hersteller gibt, sollten möglichst die herstellerspezifischen Montageanleitungen beachtet werden.
System | Hersteller | Beschreibung | Verwendet bei |
---|---|---|---|
TSS | Beru | Tire Safety System – direct messendes RDKS mit vier separaten Antennen |
Audi, Bentley, BMW, Ferrari, Land Rover, Maserati, Maybach, Mercedes, Porsche, VW, Nutzfahrzeuge |
SMSP | Schrader, Vertrieb in D: Tecma | Direkt messendes RDKS mit einer Zentralen Antenne | Citroen, Opel, Peugeot, Renault, Chevrolet, Cadillac |
DDS | Continental Teves | Deflection Detection System – Indirect messendes RDKS | BMW, Mini, Opel |
TPMS | Continental Teves | Tire Pressure Monitoring System – direkt messendes RDKS | Opel |
VDO | BMW, Citroen, Fiat, Ford, Honda, Hyundai, Infiniti, Jaguar, Jeep, Kia, Lada, Lancia, Land Rover, Mazda, Mercedes Bens, Mini, Mitsubichi, Nissan, Peugeot, Renault, Suzuki, Tesla, Volkswagen, Volvo | ||
Warn Air | Dunlop | Indirekt messendes RDKS | BMW, Mini |
Tire Guard | Siemens VDO | Direkt messendes RDKS mit einem fest in den Reifen integrierten, batterielosen Sensor | Renault |
Smar Tire | Vertrieb: Seehase | Direkt messendes RDKS für die Nachrüstung | Universell |
X-Pressure | Pirelli | Direkt messendes RDKS für die Nachrüstung | Universell |
Road Snoop | Nokian | Direkt messendes RDKS für die Nachrüstung | Universell |
Magic Control | Waeco | Direkt messendes RDKS für die Nachrüstung | Universell |
Ohne Gewähr
Das TSS von Beru wird bei vielen Fahrzeugherstellern serienmäßig verbaut, aber auch als Zubehör bzw. zum Nachrüsten angeboten. BMW nennt das Beru-System „RDC“ (Reifen Druck Control), bei Mercedes und Audi heißt es „Reifendruckkontrollsystem“. Es besteht aus je vier (bei zusätzlicher Reserveradüberwachung je fünf) Aluventilen, Radelektroniken (Radsensoren), Antennen und einem Steuergerät. Radelektronik und Ventil werden auf die Felge montiert. Die Funkempfänger befinden sich im Radhaus. Die Anzeigeneinheit ist bei serienmäßig verbauten Systemen im Kombiinstrument integriert.
Abb. 1 zeigt die einzelnen Bauteile des Systems:
Bei nachgerüsteten Systemen wird eine separate Anzeigeeinheit verbaut. Bei der Demontage / Montage der Räder / Reifen, sind die vorher genannten Punkte zu beachten. Die Radelektronik muss bei sichtbarer Beschädigung des Gehäuses, oder bei einer verschmutzten Filteroberfläche, gewechselt werden.
Das komplette Ventil ist zu erneuern, wenn die
Der Zusammenbau und die Montage der Radelektronik und des
Nach einem Räder- / Reifenwechsel, dem Tausch der Radpositionen, dem Erneuern der Radsensorik oder einer bewussten Änderung des Reifendrucks (z. B. bei vollbeladenem Fahrzeug), werden die neuen Drücke vom TSS übernommen. Dazu müssen zuerst alle Reifen mit dem vorgeschriebenen oder speziell gewählten Druck befüllt werden. Durch Drücken der Kalibriertaste werden die Werte gespeichert. Das System prüft danach, ob die Drücke realistisch sind (z. B. der Mindestdruck oder die Unterschiede zwischen links und rechts. Sollten die Räder, z. B. beim saisonbedingten Rädertausch im Kofferraum des betroffenen Fahrzeugs transportiert werden, befinden sie sich in Reichweite des Steuergerätes. Wenn die zu tauschenden Räder schon mal ins System eingelesen wurden, empfängt das Steuergerät anstatt der gewohnten vier (mit Reserverad fünf) Signale, nun acht oder neun. In diesem Fall meldet sich das System als „nicht verfügbar“.
Gleiches kann passieren, wenn sich ausgeladene Räder oder Räder eines anderen Fahrzeugs, die ebenfalls ein RDKS besitzen, in der Nähe befinden. Machen Sie auch den Kunden darauf aufmerksam, dass das System dann wieder neu kalibriert werden muss. Die Kalibrierung der serienmäßigen TSS ist fahrzeugspezifisch. Anleitungen hiefür sind auf den Internetseiten von Beru abrufbar.
Diagnosegeräte wie z. B. Hella Gutmann mega macs 77, sind darüber hinaus in der Lage, den Fehlerspeicher und die Istwerte der RDKS-Systeme auszulesen und eventuelle Fehlercodes zu löschen.
Zusätzlich stellen viele Fahrzeugsysteme für eine schnelle Diagnose digitale Messwerte in Form von Parametern zur Verfügung. Parameter zeigen den aktuellen Zustand bzw. Soll-und Ist-Werte des Bauteils an. Hier können zum Beispiel Informationen zum aktuellen Reifendruck abgerufen werden.
Je nach Fahrzeugmodell und System können zusätzliche Hinweise für Wartung und Reparatur aus den Fahrzeuginformationen herangezogen werden.
Die jeweilige Prüftiefe und Funktionsvielfalt kann je nach Fahrzeughersteller unterschiedlich ausgelegt sein und ist abhängig von der jeweiligen Systemkonfiguration des Steuergerätes.
Heute gehören Reifendruckkontrollsysteme so selbstverständlich zur Ausstattung eines Fahrzeugs, wie das ABS oder die Klimaanlage.
Bei aller Überwachungstechnologie sollte nur eines nicht vergessen werden. Ein RDKS korrigiert nicht selbständig den Luftdruck und gibt auch keine Auskunft über das Alter oder die Profiltiefe des Reifens. Somit wird es auch in Zukunft unerlässlich sein, die Reifen als wichtigste Verbindung zwischen Fahrzeug und Strasse, regelmäßig zu kontrollieren.
Die nachfolgenden Informationen werden beispielhaft an einem Mercedes-Benz W 212 E350 mit einem direkten Reifendruckkontrollsystem dargestellt. An diesem Fahrzeug sind an allen vier Rädern Sensoren eingebaut die den Reifendruck an ein übergeordnetes Steuergerät weiterleiten. Anhand der Daten der Raddrehzahlsensoren überwacht das Reifendruckkontroll-System den Reifendruck. Wird ein Druckabfall an einem Reifen festgestellt wird der Fahrer optisch in der Multifunktionsanzeige durch den Hinweis „Reifendruckverlust“ im Kombiinstrument gewarnt.
Im Display wird der aktuelle Reifendruck der einzelnen Räder angezeigt (Bild 3). Wenn das Fahrzeug vor der Kontrolle längere Zeit nicht bewegt wurde, wird im Display „Reifendruckanzeige erscheint nach einigen Minuten Fahrzeit“ angezeigt.
In folgenden Fällen muss eine Grundeinstellung der Reifendruckwerte im System durchgeführt werden:
Folgende Warnmeldungen werden im Display angezeigt:
Das Fahrzeug auf einer sicheren Stelle abstellen und die Hand- bzw. Parkbremse anziehen.
Die neuen Reifendrücke werden nach einigen Fahrminuten vom System geprüft und anschließend als neue Bezugswerte abgespeichert. Alternativ kann die Grundeinstellung mit einem geeigneten Diagnosegerät durchgeführt werden. Das Reifendruckkontrollsystem erkennt nach dem Anlernvorgang automatisch.
Bei diesem Fahrzeugmodell sind die vom Fahrzeughersteller empfohlenen Reifendrücke auf einem Aufkleber in der Tankklappe oder in der Betriebsanleitung dargestellt. Wird ein falscher Reifendruck eingestellt und aktiviert, wird der falsche Druck vom System überwacht!
Das Reifendruckkontrollsystem kann in folgenden Fällen eingeschränkt oder verzögert funktionieren.
Die nachfolgenden Informationen werden beispielhaft an einem Mazda CX-5 mit einem indirekten Reifendruckkontrollsystem dargestellt. Das System erfasst den Reifendruck von allen vier Rädern. Anhand der Daten der Raddrehzahlsensoren ermittelt das ABS-Steuergerät den Reifendruck. Wird ein Druckabfall an einem Reifen festgestellt wird der Fahrer optisch und akustisch gewarnt. Für eine einwandfreie Funktion muss das System mit dem vorgeschrieben Reifendruck initialisiert werden.
In folgen Fällen muss das System neu initialisiert werden.
Das Fahrzeug auf einer sicheren Stelle abstellen und die Hand- bzw. Parkbremse anziehen.
Bei diesem Fahrzeugmodell sind die vom Fahrzeughersteller empfohlenen Reifendrücke auf einem Aufkleber an der B-Säule der Fahrerseite oder in der Betriebsanleitung dargestellt. Da an diesem Fahrzeug keine RDKS Sensoren verbaut sind können Winterräder nach dem gleichen Prinzip angelernt werden.
Da das System Veränderungen am Reifenzustand registriert kann in folgenden Fällen eine Warnmeldung ausgelöst werden.
Am 10. März 2009 genehmigte das Europäische Parlament in Straßburg offiziell einen Verordnungsvorschlag (EG Nr. 661/2009) der Kommission, die Typenzulassung von Kraftfahrzeugen in Europa zu erleichtern. Dabei sah diese Verordnung auch die verpflichtende Einführung bereits bewährter Technologien vor, darunter Reifendruckkontrollsysteme (RDKS). „Fahrzeuge der Klasse M1 / M1G müssen mit einem präzisen System zur Überwachung des Reifendrucks ausgestattet sein, das den Fahrer im Fahrzeug warnt, wenn es in einem Reifen zu einem Druckverlust kommt und damit die Voraussetzungen für einen optimalen Kraftstoffverbrauch und die Gewährleistung der Sicherheit im Straßenverkehr nicht mehr gegeben sind. Die Umsetzung erfolgte dabei schrittweise: Ab November 2012 mussten alle neu typgeprüften Fahrzeugtypen mit Reifendruckkontrollsystemen ausgerüstet sein, seit November 2014 gilt dies für alle neu zugelassenen Fahrzeuge.
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