Abgasrückführungssystem
Hier finden Sie nützliches Wissen und wichtige Tipps rund um das Thema Abgasrückführungssystem bei Fahrzeugen.
Wichtiger Sicherheitshinweis
Die nachfolgenden technischen Informationen und Tipps für die Praxis wurden von HELLA erstellt, um Kfz-Werkstätten in ihrer Arbeit professionell zu unterstützen. Die hier auf dieser Webseite bereitgestellten Informationen sollen nur von einschlägig ausgebildetem Fachpersonal genutzt werden.
Immer strengere Gesetze machten es notwendig, die Abgasemissionen weiter zu senken. Dies gilt sowohl für Diesel- als auch für Benzinmotoren. Mit Hilfe der sog. Abgasrückführung wird der Ausstoß an Stickoxiden gesenkt. Bei Benzinmotoren wird im Teillastbereich außerdem der Kraftstoffverbrauch reduziert.
Bei hohen Verbrennungstemperaturen entstehen im Brennraum des Motors Stickoxide. Durch die Rückführung eines Teiles des Abgases zur frischen Ansaugluft wird die Verbrennungstemperatur im Brennraum abgesenkt. Aufgrund der niedrigeren Verbrennungstemperatur wird die Entstehung von Stickoxiden verringert.
Die Höhe der Abgasrückführungsrate bei Diesel- und Benzinmotoren wird durch nachfolgende Tabelle verdeutlicht:
Diesel | Benzin | Benzin (Direkteinspritzer) |
|
---|---|---|---|
AGR-Rate (max) | 50 % | 20 % | Bis zu 50 % (je nach Motorbetrieb, homogene oder geschichtete Ladung) |
Abgastemperatur, wenn das AGR- System aktiv ist | 450°C | 650°C | 450°C bis zu 650°C |
Warum wird ein AGR-System verwendet? | Stickoxid, Rußpartikel- und Gerauschreduzierung | Stickoxid- und Verbrauchsreduzierung | Stickoxid- und Verbrauchsreduzierung |
Zwei Arten der Abgasrückführung sind hier zu unterscheiden: Die „innere“ und „äußere“ Abgasrückführung.
Bei der inneren Abgasrückführung erfolgt die Mischung zwischen Abgas und frischem Gemisch innerhalb des Brennraums. Dies wird bei allen Viertaktmotoren durch die systembedingte Ventilüberschneidung von Einlass- und Auslassventil erreicht. Bedingt durch die Konstruktion ist die Abgasrückführungsrate sehr gering und kann auch nur begrenzt beeinflusst werden. Erst seit der Entwicklung der variablen Ventilsteuerung kann, last- und drehzahlabhängig, aktiv auf die Rückführungsrate Einfluss genommen werden.
Die äußere Abgasrückführung erfolgt über eine zusätzliche Leitung zwischen dem Abgaskrümmer / -rohr und dem Ansaugkrümmer sowie dem AGR-Ventil.
Die ersten Systeme wurden durch ein Tellerventil gesteuert, das durch eine Unterdruckdose (pneumatischer Antrieb) geöffnet oder geschlossen wird. Dabei diente der Saugrohrdruck als Steuergröße für die Unterdruckdose. Damit war die Stellung des Tellerventils vom Betriebszustand des Motors abhängig.
Um mehr Einfluss auf die Abgasrückführungsrate zu bekommen, wurden pneumatische Rückschlag- und Druckbegrenzungsventile sowie Verzögerungsventile eingebaut. Einige Systeme berücksichtigen als Regeldruck für die Unterdruckdose zusätzlich den Abgasgegendruck. In manchen Betriebszuständen wird die Abgasrückführung ganz abgeschaltet. Dies wird durch den Einbau von elektrischen Umschaltventilen in die Steuerleitung ermöglicht. Trotz dieser Möglichkeiten der Einflussnahme war das System immer abhängig vom Lastzustand des Motors und dem damit verbundenen Saugrohrunterdruck zum Steuern der Unterdruckdose.
Um den Anforderungen moderner Motoren gerecht und unabhängig vom Saugrohrunterdruck zu werden, wurden elektrische Antriebe für die Abgasrückführungsventile entwickelt. Gleichzeitig wurden Sensoren integriert, mit denen die Ventilstellung erkannt wird. Diese Entwicklungen ermöglichen eine exakte Regelung mit kurzen Stellzeiten. Als elektrischer Antrieb werden heute neben Schrittmotoren, Hub- und Drehmagneten auch Gleichstrommotoren eingesetzt. Auch das eigentliche Regelventil wurde im Laufe der Zeit verändert. Außer Nadel und Tellerventilen mit unterschiedlichen Größen und Abmessungen kommen heute auch Drehschieber- und Klappenventile zum Einsatz.
Das AGR-Ventil ist das wichtigste Bauteil des Systems. Es stellt eine Verbindung zwischen Abgasrohr und dem Ansaugtrakt her. Je nach Ansteuerung gibt das AGR-Ventil die Ventilöffnung frei und lässt Abgas in den Ansaugkrümmer strömen. Das AGR-Ventil gibt es in verschiedenen Ausführungen: Ein- oder Zweimembranenausführung, mit und ohne Lagerückmeldung oder Temperaturfühler und natürlich elektrisch gesteuert. Lagerückmeldung bedeutet, dass an dem AGR-Ventil ein Potentiometer angebaut ist, welches dem Steuergerät Signale über die Stellung des Ventils gibt. Dies ermöglicht eine genaue Erfassung der zurückgeführten Abgasmenge in jedem Lastzustand. Ein evtl. angebauter Temperaturfühler dient zur Eigendiagnose des AGR Ventils.
Druckwandler haben die Aufgabe, den notwendigen Unterdruck für das AGR-Ventil zu steuern. Sie passen den Unterdruck dem jeweiligen Lastzustand des Motors an, um eine genau festgelegte Rückführungsrate einzuhalten. Ihre Ansteuerung erfolgt mechanisch oder elektrisch.
Sie haben eine ähnliche Aufgabe wie die Druckwandler, arbeiten aber temperaturabhängig. Druckwandler und Thermoventile können auch kombiniert werden.
Aufgrund der hohen Belastungen ist das AGR-Ventil sicherlich die größte Fehlerquelle. Durch Ölnebel und Ruß aus dem Abgas versottet das Ventil und der Querschnitt der Ventilöffnung verkleinert sich im Laufe der Zeit, bis hin zum kompletten Verschluss. Dadurch bedingt sinkt ständig die zurückgeführte Abgasmenge, was sich im Abgasverhalten wiederspiegelt. Die hohe thermische Belastung begünstigt diesen Vorgang noch. Auch das Schlauchsystem für den Unterdruck ist häufig Ursache für auftretende Fehler. Durch Undichtigkeiten geht der benötigte Unterdruck für das AGR-Ventil verloren und das Ventil öffnet nicht mehr. Ein mangels Unterdruck nicht funktionierendes AGR-Ventil kann natürlich auch durch einen defekten Druckwandler oder ein nicht korrekt arbeitendes Thermoventil verursacht werden.
Um das Abgasrückführungssystem zu prüfen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Diese sind abhängig davon, ob das System eigendiagnosefähig ist oder nicht. Systeme, die nicht eigendiagnosefähig sind, können mit einem Multimeter, einer Handunterdruckpumpe und einem Digitalthermometer geprüft werden.
Bevor aber mit aufwändigen Prüfungen begonnen wird, ist eine Sichtprüfung aller systemrelevanten Bauteile durchzuführen. Das bedeutet:
Bei der Prüfung von unterdruckgesteuerten AGR-Ventilen gilt folgende Vorgehensweise:
AGR-Ventile an Dieselmotoren lassen sich auf dieselbe Weise prüfen wie bei Ottomotoren: Bei abgestelltem Motor ist mit der Handunterdruckpumpe ein Unterdruck von ca. 500 mbar zu erzeugen. Dieser Unterdruck muss für 5 Minuten gehalten werden und darf nicht abfallen. Es kann ebenfalls eine Sichtprüfung vorgenommen werden. Dazu wieder mit der Handunterdruckpumpe über den Unterdruckanschluss einen Unterdruck erzeugen. Durch die Öffnungen die Ventilstange (Verbindung zwischen Membran und Ventil) beobachten. Sie muss sich gleichmäßig mit dem Betätigen der Handunterdruckpumpe bewegen.
Einige AGR-Ventile besitzen ein Potentiometer zur Lagerückmeldung des Ventils. Die Prüfung des AGR-Ventils erfolgt wie oben beschrieben. Bei der Prüfung des Potentiometers ist folgendermaßen vorzugehen:
Den 3-poligen Stecker abziehen und mit einem Multimeter den Gesamtwiderstand an Pin 2 und Pin 3 des Potentiometers messen Der gemessene Wert muss zwischen 1.500 Ohm und 2.500 Ohm liegen. Um den Widerstand der Schleifbahn zu messen, muss das Multimeter an Pin 1 und Pin 2 angeschlossen werden. Mit der Handunterdruckpumpe das Ventil langsam öffnen. Der gemessene Wert beginnt bei ca. 700 Ohm und steigt bis auf 2.500 Ohm an.
Bei dieser Prüfung wird die Handunterdruckpumpe nicht zum Unterdruck erzeugen genutzt, sondern als Manometer angewendet. Den Unterdruckschlauch vom Druckwandler zum AGR-Ventil am Druckwandler abziehen und die Unterdruckpumpe anschließen. Den Motor starten und das Gestänge vom Druckwandler langsam bewegen. Die Anzeige des Manometers der Unterdruckpumpe muss sich dementsprechend bewegen.
Auch hier wird die Handunterdruckpumpe wieder als Manometer genutzt. Der Anschluss am elektro-pneumatischem Druckwandler erfolgt wieder an dem Unterdruckanschluss der zum AGR-Ventil führt. Den Motor starten und den Stecker vom elektrischen Anschluss des Druckwandlers abziehen. Der angezeigte Unterdruck auf dem Manometer darf 60 mbar nicht überschreiten. Den Stecker wieder aufstecken und die Motordrehzahl erhöhen. Der angezeigte Wert auf dem Manometer muss gleichzeitig ansteigen.
Um den Widerstand der Wicklung des Druckwandlers zu prüfen, den elektrischen Anschlussstecker wieder abziehen und ein Multimeter an den beiden Anschlusspins anschließen. Der Widerstandswert sollte zwischen 4 Ohm und 20 Ohm liegen.
Um die Ansteuerung des Druckwandlers zu prüfen, das Multimeter an die Anschlüsse des Steckers anschließen und den angezeigten Spannungswert beobachten. Dieser muss sich mit der Veränderung der Motordrehzahl ebenfalls ändern.
Die Prüfung von elektrischen Druckwandlern ist identisch mit der Prüfung von Elektro-Umschaltventilen.
Elektro-Umschaltventile verfügen über drei Unterdruckanschlüsse. Sollten nur zwei Anschlüsse belegt sein, ist der dritte Anschluss mit einer Verschlusskappe versehen, die nicht abdichten darf.
Zur Prüfung kann mit der Handunterdruckpumpe eine Durchgangsprüfung an den Ausgangsleitungen des Umschaltventils durchgeführt werden. Dazu die Unterdruckpumpe an eine Ausgangsleitung anschließen. Kann ein Unterdruck erzeugt werden, muss das Umschaltventil mit Spannung versorgt werden.
Ist am Anschluss des Umschaltventils die Polarität der Anschlüsse (+ und -) vorgegeben, dürfen diese nicht verwechselt werden.Ist das Umschaltventil mit Spannung beaufschlagt, muss es umschalten und der erzeugte Unterdruck wird abgebaut. Die gleiche Prüfung für den anderen Anschluss wiederholen.
Zum Prüfen von Thermoventilen müssen die Unterdruckschläuche abgezogen werden. Am Mittelanschluss die Handunterdruckpumpe anschließen. Bei kaltem Motor darf das Thermoventil keinen Durchgang haben. Hat der Motor Betriebstemperatur, muss das Ventil den Durchgang öffnen. Um unabhängig von der Motortemperatur zu sein, kann das Thermoventil ausgebaut werden und in einem Wasserbad oder mit dem Heißluftfön erhitzt werden. Dabei ist ständig die Temperatur zu überwachen, um die Schaltpunkte herauszufinden.
Alle hier aufgeführten Prüfwerte sind ungefähre Angaben. Um exakte Angaben zu erhalten, müssen fahrzeugspezifische Anschlusspläne und Prüfwerte vorliegen.
Diagnosefähige AGR-Systeme können mit einem geeigneten Diagnosegerät geprüft werden. Dabei ist wieder entscheidend, wie tief die Prüftiefe des verwendeten Gerätes und des zu prüfenden Systems ist. Teilweise ist es nur möglich den Fehlerspeicher auszulesen, teilweise können aber auch Messwertblöcke ausgelesen und ein Stellgliedtest durchgeführt werden.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Bauteile mit geprüft werden, die nur indirekt Einfluss auf das AGR-System haben. Zum Beispiel der Luftmassenmesser oder Motortemperaturfühler. Bekommt das Steuergerät einen falschen Wert vom Luftmassenmesser, wird auch die zurückzuführende Abgasmenge falsch berechnet. Dadurch kann es zu einer Verschlechterung der Abgaswerte und massiven Motorlaufproblemen kommen.
Bei elektrischen AGR-Ventilen ist es möglich, dass während der Diagnose keine Fehler angezeigt werden und auch ein Stellgliedtes keinen Aufschluss über Probleme gibt. In diesem Fall kann das Ventil stark verschmutzt sein und die Ventilöffnung nicht mehr den vom Steuergerät geforderten Querschnitt freigeben. Es ist daher ratsam, das AGR-Ventil auszubauen und auf Verschmutzungen zu prüfen.
Diagnose des AGR-Systems inkl. des Diagnosegerätes mega macs 66
04:33 min
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