Zweiteilige Bremsscheiben im Kraftfahrzeug
Hier finden Sie wertvolles Wissen und nützliche Tipps rund um das Thema zweiteilige Bremsscheiben im Kraftfahrzeug.
Wichtiger Sicherheitshinweis
Die nachfolgenden technischen Informationen und Tipps für die Praxis wurden von HELLA erstellt, um Kfz-Werkstätten in ihrer Arbeit professionell zu unterstützen. Die hier auf dieser Webseite bereitgestellten Informationen sollen nur von einschlägig ausgebildetem Fachpersonal genutzt werden.
Schwere oder leistungsstärkere Fahrzeuge benötigen eine größer dimensionierte Bremsanlage. Aus diesem Grund werden die Bremsscheiben im Durchmesser größer und die Materialstärken des Bremsscheibentopfes stärker ausgeführt. Solche Bremsscheiben sind unter hoher thermischer Belastung anfällig auf Abweichungen wie Dickendifferenzen, Axialversatz und Schirmung. Vorteile bieten hier zweiteilige Bremsscheiben, auch Verbundbremsscheiben genannt, bei denen durch Einsatz unterschiedlicher Werkstoffe und speziellen Anbindungsverfahren eine Entkopplung des Wärmeflusses zur Radnabe erzielt wird.
Bremsscheiben sind hohen mechanischen Belastungen beim Bremsen ausgesetzt und müssen neben Druckkräften, Zugkräften und Fliehkräften auch thermischen Belastungen standhalten. Um in jeder Bremssituation die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen, muss die Materialzusammensetzung der Bremsscheibe auf das Bremssystem abgestimmt sein.
Je nach Fahrzeugtyp und Anwendungsbereich, werden zum größten Teil in der Serienfertigung Bremsscheiben aus Lammellengraphit (z.B. Grauguss GG 15) als Standard festgelegt. Die Eigenschaften von Grauguss kann man durch Zugabe unterschiedlichster Materialien verbessern. Molybdän und Chrom verbessern das Wärmerissverhalten und die Verschleißfestigkeit der Legierung. Die Wärmeaufnahmefähigkeit wird durch die Erhöhung des Kohlenstoffgehaltes verbessert. Zweiteilige HELLA Bremsscheiben bestehen aus einem Bremsscheibentopf aus Aluminium und einem hochgekohlten Reibring aus Grauguss. Beide Bauteile werden an der Fügestelle durch Edelstahlnieten gesichert um die Übertragbarkeit relativ hoher Drehmomente zu gewährleisten und sich der Reibring bei Erwärmung unabhängig vom Scheibentopf axial ausdehnen kann. Somit werden thermische Verspannungen minimiert und Hitzerisse am Übergang vom Reibring zum Scheibentopf reduziert.
Durch den Einsatz von Aluminium am Bremsscheibentopf wird zusätzlich das Gewicht der Bremsscheibe um bis zu 20% verringert.
Während des Bremsvorganges wird durch die Reibung, Bewegungsenergie in Wärmeenergie umgewandelt. Bis zu 90% dieser umgesetzten Energie wird von der Bremsscheibe aufgenommen und an die Umgebungsluft abgegeben. Dadurch können unter Extrembedingungen Temperaturen bis zu 700°C an den Radbremsen entstehen.
Neben den physikalischen Belastungen sind Bremsscheiben zusätzlich Umwelteinflüssen, Schmutz, Wasser und Salz ausgesetzt. Alle diese Faktoren müssen bei der Konstruktion seitens der Bremsscheibenhersteller berücksichtigt werden.
Die zweiteiligen Bremsscheiben sind innenbelüftet und haben somit aufgrund Ihrer größeren Masse ein besseres Wärmespeichervermögen und kühlen durch die luftdurchströmten Kanäle schneller ab. Diese radialen Kanäle liegen zwischen den beiden Reibringen. Durch die Drehung der Bremsscheibe entsteht eine Ventilatorwirkung, die einen ständigen Luftzug durch die Bremsscheibe bewirkt. Zusätzlich können zweiteilige Bremsscheiben mit Schlitzen oder Nuten versehen oder axial gelocht sein. Bremsabrieb, Wasser und Schmutz wird in den Schlitzen oder Nuten gesammelt und durch die Drehbewegung nach Außen abgeführt. Die axialen Bohrungen erhöhen die Wärmeabfuhr, haben aber nur einen geringen Selbstreinigungseffekt da sich Bremsabrieb in den Löchern ablagern kann.
Zweiteilige Bremsscheiben können je nach Fahrzeughersteller im Design, der Materialzusammensetzung und im Anbindungsverfahren unterschiedlich ausgeführt sein. Die Verbindung zwischen dem Aluminium- Scheibentopf und dem Grauguss- Reibring kann je nach Hersteller variieren. Hier können spezielle Gieß-, Klebe- oder Pressverfahren und mechanische Verbindungen mit Nieten, Klammern, Stiften oder Schrauben zur Anwendung kommen.
Mercedes Benz verwendet an einigen Fahrzeugmodellen Verbundbremsscheiben mit einem Scheibentopf aus Stahlblech und einem Reibring aus Gusseisen. Durch eine spezielle Konstruktion bzw. Verzahnung werden beide Bauteile durch eine Presspassung miteinander verbunden. Das Zahnprofil der äußeren Mantelhälfte des Bremsscheibentopfs greift zur Drehmomentübertragung in ein komplementäres Zahnprofil am Reibring. Der Bremsscheibentopf aus Stahlblech ist nur 2,5 Millimeter stark. Ein klassischer Bremsscheibentopf hat in der Regel eine Wandstärke von 7,5 bis 9 Millimeter.
Aufgrund der hohen mechanischen und thermischen Belastungen sollte der Zustand der Verbundbremsscheibe wie bei den konventionellen einteiligen Bremsscheiben regelmäßig im Rahmen der vom Hersteller vorgegebenen Inspektion geprüft werden. Die Verschleißgrenze der Bremsscheibe wird auch hier seitens des Herstellers anhand der Mindeststärke des Reibringes festgelegt. Dieser Wert in Millimeter wird auf dem Außenrand oder dem Scheibentopf der Bremsscheibe angegeben bzw. eingestanzt.
Zusätzlich können hier auch die allgemein gültigen Prüfverfahren für Bremsscheiben, wie die Prüfung des Rundlaufs (Scheibenschlag) und der Dickendifferenz (unterschiedliche Scheibenstärke) der Bremsscheibe durchgeführt werden. Die entsprechenden Toleranzwerte werden von den jeweiligen Fahrzeugherstellern vorgegeben und sollten unbedingt beachtet werden.
Um eine einwandfreie Funktion der Bremsanlage zu gewährleisten werden folgende Hinweise empfohlen:
Gar nicht hilfreich
Sehr hilfreich