Aufbau und Funktion der Abgasnachbehandlung
Hier finden Sie wertvolle und nützliche Werkstatt-Hinweise zum Thema Aufbau, Funktion und Diagnose der Abgasnachbehandlung.
Wichtiger Sicherheitshinweis
Die nachfolgenden technischen Informationen und Tipps für die Praxis wurden von HELLA erstellt, um Kfz-Werkstätten in ihrer Arbeit professionell zu unterstützen. Die hier auf dieser Webseite bereitgestellten Informationen sollen nur von einschlägig ausgebildetem Fachpersonal genutzt werden.
Als Abgasnachbehandlung werden die Verfahren bezeichnet die Abgase auf mechanischem, katalytischem oder chemischem Weg reinigen, nachdem diese den Brennraum verlassen haben.
Eine Nachbehandlung wird durchgeführt, um die bei der Verbrennung entstandenen Schadstoffe in unschädliche Abgase umzuwandeln. Zu den Komponenten der Abgasnachbehandlung zählen unter anderem Katalysatoren und Partikelfilter. Beide Komponenten können heutzutage sowohl an einem direkteinspritzenden Ottomotor als auch an einem Dieselmotor verbaut sein.
Folgende Systeme können zum Beispiel zur Schadstoffreduzierung im Abgasstrang verbaut sein:
Ottomotor
Dieselmotor
Der im heutzutage konventionellen Ottomotor meist verbaute Katalysator ist der geregelte Drei-Wege-Katalysator. Die Aufgabe des Katalysators ist es, die aus dem Kraftstoffverbrennungsprozess stammenden Schadstoffe durch chemische Reaktion in ungiftige Abgase umzuwandeln. In Verbindung mit dem Motorsteuergerät und der Lambdasonde wird das Luft-Kraftstoffgemisch exakt geregelt, damit der Katalysator die Schadstoffe reduzieren kann. Der optimale Arbeitstemperaturbereich von Katalysatoren liegt zwischen 400-800°C.
In unserem Video-Crashkurs geben wir euch einen Rundumschlag zum Thema Katalysator
Zur Reduzierung der Rußemissionen werden beim Dieselmotor Partikelfilter in den Abgasstrang eingebaut. Der Dieselpartikelfilter (DPF) lagert die festen Partikel, die nicht vollständig im Motor verbrannt werden, ein. Diese in der Größe reduzierten Nanopartikel sind für Mensch und Umwelt sehr schädlich. Das Innere des Rußpartikelfilters besteht aus einem keramischen Filter mit vielen kleinen Kanälen. Diese Kanäle mit porösen Wänden sind wechselseitig verschlossen und werden in Ein- und Auslasskanäle unterteilt. Die Abgase strömen durch die Filterwände wobei sich die Rußpartikel an den Filterwänden ablagern. Die porösen Wände bewirken eine gute Filterwirkung und einen hohen Abscheidegrad. Durch die steigende Anzahl der angesammelten Rußpartikel erhöht sich der Gegendruck in der Abgasanlage. Der Beladungsgrad beziehungsweise Strömungswiderstand des Partikelfilters wird vom Motorsteuergerät überwacht. Ein Differenzdrucksensor erfasst die Daten vor und hinter dem Partikelfilter und gibt diese Information an das Motorsteuergerät weiter. Hat die Druckdifferenz einen bestimmten Wert überschritten wird vom Steuergerät eine Regeneration eingeleitet, um die Partikel zu verbrennen.
Damit die Rußpartikel verbrannt werden können muss die Abgastemperatur im Partikelfilter auf 600 – 650°C angehoben werden. Hierzu erfolgt seitens der Motorsteuerung, während der aktiven Regeneration, eine Kraftstoffmehreinspritzung oder Nacheinspritzung was zur Erhöhung der Abgastemperatur führt.
Je nach Fahrzeug und System kann eine Regeneration alle 400-700 km durchgeführt werden.
Um Temperaturbereiche oberhalb 700°C zu vermeiden wird die Temperatur durch einen Abgastemperatursensor kurz vor dem Partikelfilter überwacht.
Die während der Regenerierung entstehende Asche wird nicht vollständig durch den Abgasstrom abtransportiert, und sammelt sich deshalb im Filter an. Das kann dazu führen das der Filter verstopft und gereinigt oder erneuert werden muss. Daraus ergeben sich die Wechselintervalle für den Filter, z. B. alle 120.000 km.
Um die Rußbeladung des Rußpartikelfilters zu berechnen, verwendet das Motorsteuergerät die Signale des Differenzdrucksensors, der Temperatursensoren vor und nach dem Rußpartikelfilter und des Luftmassenmessers. Daher werden die Signale als eine Einheit betrachtet.
Eine kleine Wissens-Auffrischung gibt's im Video: Ihr werdet durch Fakten zu Aufbau und Funktion sowie passenden Prüfverfahren geführt. Unser gemeinsames Ziel: Emissionen reduzieren!
Je nach Fahrzeughersteller und System können verschiedene Verfahren der Partikelfilter Regeneration durchgeführt werden.
Passive Regeneration
Die passive Regeneration erfolgt, sobald die Abgastemperaturen im Partikelfilter, auf Autobahnfahrten mit erhöhten Geschwindigkeiten einen Wert von 350 - 500°C erreichen.
Aktive Regeneration
Die aktive Regeneration wird vom Motormanagement durchgeführt. Ist die Beladungsgrenze des Partikelfilters erreicht wird die Abgastemperatur über die Motorsteuerung gezielt auf 600-650°C angehoben, um die Rußpartikel zu verbrennen.
Erzwungene Regeneration
Diese Art von Regeneration kann über ein Diagnosegerät nach vorgegeben Handlungsanweisungen durch eine Werkstatt durchgeführt werden.
Rußpartikelfilter und Oxidationskatalysator können in einem Gehäuse als katalytisch beschichteter Dieselpartikelfilter verbaut sein. In dieser Kombination wird der Katalysator vor dem Rußpartikelfilter verbaut. Er vereint die Funktion Diesel- Oxidationskatalysator und Dieselpartikelfilter in einem Bauteil. Somit können Kohlenwasserstoff (HC) und Kohlenmonoxid (CO) in Wasser (H2O) und Kohlendioxid (CO2) umgewandelt und Rußpartikel aus dem Abgas gefiltert werden. Eine weitere Aufgabe des Oxidationskatalysators ist das Verhältnis von Stickstoff (NO) zu Stickstoffdioxid (NO2) zu ändern, um eine passive Regeneration des DPF-Filters zu ermöglichen und die Leistung des SCR-Katalysators zu erhöhen. Während die Abgase durch den Katalysator strömen, erhöht sich durch chemische Prozesse ihre Temperatur. Mit dem Abgasstrom wird die Hitze auf den Rußpartikelfilter übertragen. Dies bedeutet, dass der Katalysator die Erwärmung des Rußpartikelfilters unterstützt.
Der NOx – Speicherkatalysator wird bei Diesel- und direkteinspritzenden Ottomotoren eingesetzt. Der Katalysator verfügt über eine katalytische Schicht aus Substanzen wie Kaliumoxid oder Bariumoxid die Stickoxidmoleküle binden. Sobald der Speicherkatalysator eine bestimmte Aufnahmekapazität erreicht hat, wird durch die Motorsteuerung das das Luft-Kraftstoff-Gemisch an gefettet und dadurch die Abgastemperatur erhöht. Die veränderte Abgaszusammensetzung führt zur Regeneration wobei die Stickoxide (NOx) zu Stickstoff (N2) und Wasser (H2O) reduziert werden.
Selective Catalytic Reduction (SCR) ist eine der neuesten und fortschrittlichsten Entwicklungen was die Abgasreduzierung im KFZ betrifft. Verwendet wird diese Technologie seit 2014 und erfüllt die Emissionsvorgaben EURO 6. Durch Beimischung von Harnstoff (AdBlue) in den Abgasstrom werden im NOx-Speicherkatalysator durch selektive katalytische Reaktion die Stickoxide (NOx) zu Stickstoff(N2), Wasserdampf (H2O) und einen kleinen Anteil CO2 umgewandelt. Der Aufbau eines NOx-Speicherkatalysators entspricht dem eines Oxidationskatalysators.
Moderne Systeme der Abgasnachbehandlung bestehen nicht nur aus den Komponenten der Abgasanlage, sondern benötigen zusätzlich zur Überwachung der Abgaszusammensetzung unterschiedliche Sensoren, die ihre Informationen an das Motorsteuergerät weitergeben.
Bevor mit einer Steuergerätediagnose am Fahrzeug begonnen wird, sollte zuerst eine Sichtkontrolle am gesamten Abgasstrang erfolgen. Äußere Beschädigungen machen sich in der Regel schon durch ein verändertes Geräuschverhalten bemerkbar und können durch Risse oder Durchrostungen an Rohren, Verbindungen oder Schalldämpfern verursacht werden. Geräusche, die aus dem Inneren der Systemkomponenten stammen können durch Rütteln oder Klopfen an dem jeweiligen Bauteil lokalisiert werden. Natürlich sollten in diesem Zusammenhang auch die festen Verschraubungen, Abstrahlbleche und Gummihalterungen geprüft werden. Nicht zu vergessen sind auch die Abgassensoren, die über den gesamten Verlauf der Anlage verteilt montiert sein können. Verkabelungen oder elektrische Steckverbindung können hier aufgrund von Umwelteinflüssen wie Schmutz, Wasser oder Streusalz beschädigt worden sein.
Die Funktionskontrolle der Einspritzanlage oder der Abgasnachbehandlung kann nur mit einem geeigneten Diagnosegerät durchgeführt werden.
Die Funktion der einzelnen Komponenten zur Abgasnachbehandlung wird über Sensoren überwacht und dem jeweiligen übergeordneten Systemsteuergerät übermittelt. Auftretende Fehler werden im Fehlerspeicher des Motorsteuergerätes abgelegt und können mit einem geeigneten Diagnosegerät ausgelesen werden. Je nach Fahrzeug und System können zusätzliche Funktionen wie Parameter oder Stellgliedtest ausgewählt und im Diagnosegerät angezeigt oder ausgeführt werden. Die Daten der Steuergerätekommunikation sind die Basis für die eigentliche Fehlersuche und eine erfolgreiche Reparatur. Zusätzlich können die Abgaswerte über eine Endrohrmessung geprüft und ausgewertet werden.
Die nachfolgenden Diagnoseinformationen werden beispielhaft an einem Mercedes-Benz E350 24V CDI (212) und einem Volkswagen Golf 5 Plus dargestellt.
In dieser Funktion können die im Fehlerspeicher abgelegten Fehlercodes ausgelesen und gelöscht werden. Zusätzlich können Informationen zum Fehlercode abgerufen werden.
In unserem Fallbeispiel wurde fehlerhafter NOx-Sensor erkannt und dadurch der Fehlercode P220317 im Fehlerspeicher hinterlegt.
In dieser Funktion können aktuelle Messwerte wie Motordrehzahl, Temperatur oder zum Status einzelner Abgaskomponenten ausgewählt und dargestellt werden.
Systemspezifische Informationen können zur Fehlersuche aus den Fahrzeuginformationen herangezogen werden. Hier kann zum Beispiel eine Systemübersicht der Abgasnachbehandlung für die weitere Fehlersuche herangezogen werden.
Mit der Abgasendrohrmessung können die austretenden Abgase direkt am Abgasstrang erfasst und bewertet werden (Produkt-Tipp: Abgasprüfung). Mängel am Abgassystem oder in der Abgasnachbehandlung werden erkannt und können in die weitere Fehlersuche mit einbezogen werden.
Gar nicht hilfreich
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