E-Mobilität im Werkstattalltag: Neue Technik, Sicherheitsanforderungen und Chancen für Fachbetriebe

Das Wichtigste auf einen Blick

  • E-Mobilität verändert den Werkstattalltag: Neue Technologien, Hochvoltsysteme und vernetzte Komponenten bringen neue Anforderungen – und eröffnen Werkstätten zugleich neue Chancen.
  • Sicherheit hat oberste Priorität: Klare Vorgaben, persönliche Schutzausrüstung und strukturierte Abläufe sind entscheidend für sichere Arbeiten am Hochvoltsystem.
  • Verschiedene Fahrzeugtypen – vom Mild Hybrid bis zum BEV – verlangen unterschiedliche Diagnosestrategien, Systemkenntnis und Vorgehensweisen.
  • Qualifikationsstufen regeln Verantwortlichkeiten: Sie definieren genau, wer welche Hochvolt-Tätigkeiten durchführen darf – von einfachen Arbeiten bis zu Arbeiten unter Spannung.
  • Gut vorbereiteter Arbeitsplatz: Geprüfte Werkzeuge, passende PSA und klare Herstellervorgaben bilden die Grundlage für effizientes und professionelles Arbeiten an Elektrofahrzeugen.
1. Einführung in das Thema

Warum Elektromobilität jetzt zur Schlüsselkompetenz für moderne Werkstätten wird

Die E-Mobilität ist längst im Werkstattalltag angekommen: Immer mehr Hybrid- und reine Elektrofahrzeuge stehen auf der Hebebühne. Für Betriebe bedeutet das neue Technologien, neue Sicherheitsanforderungen und neue Kompetenzen, aber auch neue Chancen. Hochvolt-Systeme, vernetzte Steuergeräte und ein spezielles Thermomanagement verlangen strukturierte Diagnoseprozesse und geschultes Personal. Gleichzeitig bleiben viele vertraute Bauteile aus dem Niedervolt-Bordnetz erhalten und werden weiterhin in Elektro- und Hybridfahrzeugen eingesetzt.

Was E-Mobilität heute für Werkstätten bedeutet – neue Aufgaben, Risiken und Chancen

Die E-Mobilität ist längst mehr als ein Zukunftsthema und prägt zunehmend den Werkstattalltag. Mit der wachsenden Zahl elektrifizierter Fahrzeuge in allen Segmenten, vom Kleinwagen bis zum Nutzfahrzeug, steigt der Bedarf an qualifizierten Fachkräften, welche elektrische Systeme sicher und fachgerecht prüfen und reparieren können.

Für Werkstätten bedeutet dies, dass die Fehlersuche und der sichere Umgang mit Hochvoltkomponenten neue Schwerpunkte in der Fahrzeugdiagnose bilden. Gleichzeitig bleiben vertraute Verfahren, Werkzeuge und Prüfabläufe weiterhin relevant. Auch viele bekannte Systeme wie das Niedervolt-Bordnetz, die Klimaanlage, Beleuchtung oder Fahrwerkselektronik behalten ihre Bedeutung. Dennoch ist zu beachten, dass bei elektrifizierten Fahrzeugen eine enge Verknüpfung zwischen Hochvolt- und Niedervolt-Systemen besteht. Daher ist auch bei Routinearbeiten ein grundlegendes Verständnis der elektrischen Systemarchitektur erforderlich, um sicherheitsrelevante Zusammenhänge richtig einschätzen zu können. Werkstätten, die sich frühzeitig auf die Veränderungen durch die Elektromobilität einstellen, sichern ihre Wettbewerbsfähigkeit.

Entscheidend sind dabei drei Faktoren:

  • Sicherheitsbewusstsein: Arbeiten am Hochvoltsystem erfordern spezielle Verfahren, persönliche Schutzausrüstung (PSA) sowie geeignete Werkzeuge und Werkstattausrüstung.
  • Diagnosekompetenz: Elektrische und elektronische Systeme müssen ganzheitlich betrachtet und verstanden werden.
  • Kontinuierliche Weiterbildung: Schulungen und technische Informationen bilden die Grundlage für sichere und effiziente Reparaturen.

Warum E-Mobilität unverzichtbar wird – technische Entwicklungen und Umweltfaktoren im Überblick

E-Mobilität ist eine Antwort auf die globalen Herausforderungen des Klimawandels und der begrenzten Verfügbarkeit fossiler Energieträger. Ziel ist es, die Mobilität nachhaltiger zu gestalten und die Abhängigkeit von konventionellen Kraftstoffen zu verringern. Elektrofahrzeuge verursachen im Betrieb keine lokalen Emissionen und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität in Städten. Darüber hinaus ermöglicht die Elektrifizierung des Antriebsstrangs eine effizientere Energienutzung, da elektrische Motoren einen deutlich höheren Wirkungsgrad als Verbrennungsmotoren besitzen.

Außerdem fördert die E-Mobilität technologische Innovationen und stärkt neue Wertschöpfungsketten. Durch die Entwicklung von Batterietechnologie, Software, Ladeinfrastruktur und Recycling entstehen neue Produktions- und Dienstleistungsbereiche. Damit trägt die E-Mobilität maßgeblich zur Transformation der Fahrzeugbranche bei und steht zugleich im Zentrum einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Verkehrsentwicklung.

2. Elektrofahrzeugtypen

Elektrofahrzeugtypen im Überblick – Unterschiede, Merkmale und Systemspannungen

Im Kraftfahrzeugbereich umfasst die Elektromobilität verschiedene Fahrzeugkonzepte, die sich in Aufbau und Energieversorgung unterscheiden. Die wichtigsten Typen sind in der folgenden Übersicht zusammengefasst.

FahrzeugtypSystemspannungHauptmerkmale
Mild Hybrid (MHEV)42 V bis 150 VStart-/Stopp-Funktion, Rekuperation, elektrische Boost-Unterstützung, kein rein elektrisches Fahren
Hybrid Electric Vehicle (HEV)> 100 VRekuperation, Boost, begrenztes elektrisches Fahren, keine externe Ladefunktion
Plug-in Hybrid Electric Vehicle (PHEV)> 100 VKombination aus Verbrennungsmotor und Elektromotor, Rekuperation, elektrisches Fahren, externe Lademöglichkeit
Battery Electric Vehicle (BEV)200 V bis 1000 VReines Elektrofahrzeug, Rekuperation, elektrisches Fahren, Laden über externe Stromquelle

Ab wann spricht man von Hochvolt?

Im Fahrzeugbereich spricht man von Hochvolt (HV), wenn die Nennspannung über 60 V DC (Gleichspannung) oder über 30 V AC (Wechselspannung) liegt. Komponenten, die mit dieser Spannungsebene arbeiten, zählen zum Hochvoltsystem.

3. Komponenten eines Elektrofahrzeugs

Die zentralen Bauteile eines Elektrofahrzeugs

Ein Elektrofahrzeug verfügt über ein Zusammenspiel verschiedener Hochvolt- und Niedervolt-Komponenten, die den elektrischen Antrieb und die Energieversorgung sicherstellen.

Grundlegende Komponenten in der Übersicht

  • Hochvoltbatterie – Energiespeicher und zentrale Systemkomponente: speichert elektrische Energie und versorgt sowohl den Antrieb als auch die Nebenaggregate.
  • Leistungselektronik (Inverter, DC/DC-Wandler) – Steuerung und Energieumwandlung: Wandelt Gleich- in Wechselspannung, steuert Drehmoment und Drehzahl des Elektromotors sowie die Energierückgewinnung.
  • Elektromotor – Antrieb mit hohem Wirkungsgrad: Wandelt elektrische Energie in mechanische Bewegung um und arbeitet im Schubbetrieb als Generator zur Energierückgewinnung.
  • Ladeanschluss und On-Board-Ladegerät – Verbindung zwischen Fahrzeug und Ladeinfrastruktur: Ermöglicht das Laden der Hochvoltbatterie über Wechsel- oder Gleichstrom.
  • Hochvoltleitungen – Energieübertragung und Sicherheit: Stellen die elektrische Verbindung innerhalb des Hochvoltsystems her und ermöglichen eine sichere, verlustarme Energieübertragung. Zur Kennzeichnung sind diese orange isoliert.
  • Thermomanagementsystem – Schutz und Effizienzregelung für Hochvoltkomponenten: Regelt die Betriebstemperatur verschiedenster Hochvoltkomponenten und sorgt so dafür, dass diese stets in ihrem optimalen Temperaturbereich arbeiten.
  • Niedervolt-Bordnetz (z. B. 12 V / 24 V) – Energiequelle für Steuerung und Komfortsysteme: Versorgt Steuergeräte, Sensoren und Komfortfunktionen. Bei Ausfall der Hochvoltbatterie stellt es die Versorgung sicherheitsrelevanter Systeme wie Beleuchtung, Türsteuerung und Notruf sicher.
4. Sicherheit und Qualifikation

Sicher arbeiten am Elektrofahrzeug – Qualifikation, Verantwortung und Vorgaben im Überblick

Die E-Mobilität bringt neue sicherheitstechnische und organisatorische Anforderungen für Werkstätten mit sich. Besonders bei Arbeiten am Hochvoltsystem ist geschultes Fachpersonal erforderlich. Grundlage hierfür ist in Deutschland die DGUV Information 209-093 „Qualifizierung für Arbeiten an Fahrzeugen mit Hochvoltsystemen“, die die erforderlichen Qualifikationsstufen und Schutzmaßnahmen definiert.
In anderen Ländern sind die jeweils geltenden nationalen Vorschriften, Schulungsrichtlinien und Sicherheitsbestimmungen zu beachten. Diese orientieren sich grundsätzlich an denselben technischen Grundprinzipien der Hochvoltsicherheit, auch wenn sie landesspezifisch geregelt sind.

Die DGUV Information 209-093 wurde im Jahr 2021 umfassend überarbeitet und an aktuelle Fahrzeugtechnologien sowie neue Anforderungen aus der Werkstattpraxis angepasst. Sie löste damit die frühere DGUV Information 200-005 ab. Bereits absolvierte Hochvolt-Schulungen nach der älteren Fassung behalten ihre Gültigkeit. Es wird jedoch empfohlen, den eigenen Wissensstand regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls eine Auffrischung nach den aktuellen Vorgaben der DGUV Information 209-093 durchzuführen, um mit den neuesten Sicherheitsanforderungen vertraut zu bleiben.

In der DGUV wird zwischen zwei Bereichen unterschieden:

    • der Qualifizierung für Arbeiten an Hochvoltsystemen in Forschung, Entwicklung und Produktion sowie
    • der Qualifizierung für Arbeiten an Serienfahrzeugen mit Hochvoltsystemen,

auf die im Folgenden näher eingegangen wird.

Hinweis:

Die folgenden Inhalte basieren auf geltenden Sicherheits- und Qualifikationsrichtlinien, unter anderem auf der DGUV Information 209-093. Sie dienen der allgemeinen technischen Orientierung und ersetzen nicht die vollständige Umsetzung der Vorgaben aus den jeweils gültigen Regelwerken.

Verantwortung im Betrieb – worauf es für Unternehmerinnen und Unternehmer wirklich ankommt

Neben der fachlichen Qualifikation der Beschäftigten trägt die Unternehmerin oder der Unternehmer die Hauptverantwortung für die sichere Durchführung von Arbeiten an Hochvoltsystemen.

Zu den zentralen Pflichten zählen insbesondere:

  • Erstellen einer Gefährdungsbeurteilung und Festlegen geeigneter Schutzmaßnahmen
  • Sicherstellen, dass nur ausreichend qualifizierte Personen an Hochvoltsystemen arbeiten
  • Bereitstellen der erforderlichen Arbeitsmittel und Schutzausrüstung
  • Regelmäßige Unterweisungen und Schulungen der Beschäftigten
  • Organisation klarer Zuständigkeiten und Abläufe im Betrieb
  • Überprüfung der gesundheitlichen und fachlichen Eignung der Beschäftigten
  • Schriftliche Übertragung von Aufgaben im Arbeitsschutz an zuverlässige und fachkundige Personen (FHV)

Qualifikationsstufen im Hochvoltbereich – wer welche Arbeiten sicher ausführen darf

Für Arbeiten an Hochvoltsystemen in Fahrzeugen definiert die DGUV mehrere Qualifikationsstufen. Sie legen fest, welche Tätigkeiten je nach Schulungsgrad und Befähigung zulässig sind.

Die Tabelle zeigt, welche Qualifikationsstufen den Ausbau von Hochvolt-Komponenten wie Elektroantriebsmotor, Klimakompressor, Kühlmittelheizelement, Antriebsbatterie und Hochvolt-Kabel durchführen dürfen und welche nicht. Zusätzlich wird der Schaltzustand des Hochvolt-Service-Steckers berücksichtigt.

Die HELLA ACADEMY unterstützt Werkstätten mit praxisnahen Schulungen im Hochvoltbereich und bietet Qualifizierungen für die Stufen 1S bis 3S an. Die Inhalte sind auf die Anforderungen im Werkstattalltag abgestimmt und vermitteln sowohl theoretisches Wissen als auch praktische Handlungssicherheit.

Stufe S – Sensibilisierte Person

Sensibilisierte Personen dürfen einfache Tätigkeiten am Fahrzeug durchführen, die keine Hochvolt-Komponenten betreffen.

Dazu gehören:

  • das Bedienen des Fahrzeugs, das Nachfüllen bekannter Flüssigkeiten (z. B. Motoröl, Kühl- oder Wischwasser),
  • der Wechsel von Scheibenwischern sowie
  • Innen- und Außenreinigungsarbeiten, solange alle Serviceklappen und Motorhauben geschlossen bleiben.

Diese Tätigkeiten sind vergleichbar mit denen eines Fahrers oder einer Fahrerin eines Elektrofahrzeugs. Vor der Durchführung müssen die Personen über die Gefahren informiert werden, die von Fahrzeugen mit Elektroantrieb ausgehen können. Die Sensibilisierung kann durch die Unternehmerin oder den Unternehmer selbst oder durch eine geeignete entsprechend qualifizierte Person beispielsweise eine Fachkundig unterwiesene Person (FuP), erfolgen.

Stufe 1S – Fachkundig unterwiesene Person (FuP)

Fachkundig unterwiesene Personen (FuP) dürfen allgemeine Arbeiten am Fahrzeug durchführen, die nicht unmittelbar das Hochvoltsystem betreffen.

Dazu zählen beispielsweise:

  • Öl- und Radwechsel,
  • Arbeiten an der Karosserie,
  • der Bremsanlage,
  • der Lenkung,
  • am Verbrennungsmotor bei Hybridfahrzeugen sowie an Achsen und Fahrwerkskomponenten.

Beschäftigte könnten bei diesen Arbeiten durch Fehlhandlungen oder im Fehlerfall einer elektrischen Gefährdung ausgesetzt sein, da sie bei mechanischen Arbeiten in die Nähe von Hochvoltkomponenten gelangen können. Daher müssen sie vor Arbeitsbeginn durch eine Fachkundige Person Hochvolt (FHV) über elektrische Gefährdungen, Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln unterwiesen werden. Ohne diese Unterweisung dürfen auch keine Räder gewechselt werden.

Die Unterweisung soll unter anderem folgende Inhalte abdecken:

  • elektrische Gefährdungen und Schutzmaßnahmen
  • das sichere Bedienen des Fahrzeugs und zugehöriger Einrichtungen
  • die Lage und Kennzeichnung von Hochvolt-Komponenten und -Leitungen
  • die Durchführung mechanischer Arbeiten unter Beachtung der Regel, dass Hochvoltkomponenten, erkennbar an orangefarbenen Leitungen oder speziellen Warnkennzeichnungen wie Blitzsymbolen, weder berührt noch geöffnet oder manipuliert werden dürfen (siehe Bild Hochvolt-Gefahrensymbole).

Stufe 2S – Fachkundige Person Hochvolt (FHV)

Nach erfolgreicher Qualifizierung sind Fachkundige Personen Hochvolt (FHV) der Stufe 2S befähigt, selbstständig und sicher an Hochvoltsystemen zu arbeiten.

Sie dürfen:

  • das Hochvoltsystem spannungsfrei schalten,
  • prüfen und nach Abschluss der Arbeiten wieder in Betrieb nehmen
  • sowie Arbeiten an spannungsfreien Hochvolt-Komponenten durchführen.

Dazu zählen auch Messungen wie Isolations- und Potentialausgleichsmessungen, sofern das Hochvoltsystem dabei spannungsfrei ist. Dabei ist stets nach den Vorgaben und Sicherheitsanweisungen des jeweiligen Fahrzeugherstellers zu arbeiten.

Voraussetzung für die Qualifizierung zur Fachkundigen Person Hochvolt (Stufe 2S) ist in der Regel eine abgeschlossene Ausbildung im Kraftfahrzeug- oder einem vergleichbaren technischen Bereich.
Die Schulung umfasst theoretische und praktische Inhalte und schließt mit einer anerkannten Prüfung ab.
Regelmäßige Schulungen sichern den Wissensstand und gewährleisten dauerhaft den sicheren Umgang mit Hochvoltsystemen.

Für Tätigkeiten an Hochvoltsystemen wird eine gesundheitliche Eignung empfohlen. Die Eignungsprüfung erfolgt im Rahmen der betrieblichen Verantwortung und orientiert sich an den allgemeinen Arbeitsschutzbestimmungen.

Bei allen Arbeiten im Bereich des Hochvoltsystems ist die vorgeschriebene persönliche Schutzausrüstung (PSA) zu verwenden.

Eine Fachkundige Person Hochvolt (FHV) kann zusätzlich Leitungs- und Aufsichtsaufgaben übernehmen. Dazu gehört unter anderem, Unterweisungen durchzuführen, sicherheitsrelevante Maßnahmen zu überwachen sowie die erforderlichen Sicherheitseinrichtungen bereitzustellen und zu prüfen. Diese Aufgaben müssen durch die Unternehmerin oder den Unternehmer schriftlich übertragen werden.

Stufe 3S – Fachkundige Person für Arbeiten an unter Spannung stehenden HV-Systemen

Diese Stufe berechtigt zum Arbeiten an unter Spannung stehenden Hochvoltsystemen.

Dazu zählen:

  • die Fehlersuche und Messungen, wenn das Fahrzeug nicht spannungsfrei geschaltet oder die Spannungsfreiheit nicht festgestellt werden kann
  • sowie Arbeiten an unter Spannung stehenden Hochvoltbatterieeinheiten
  • sowie Hochspannungsprüfungen nach Herstellervorgabe.

Arbeiten dieser Art dürfen ausschließlich von besonders geschultem Fachpersonal mit persönlicher Schutzausrüstung (PSA) und einer zweiten Sicherungsperson ausgeführt werden. Dabei sind die spezifischen Vorgaben des Fahrzeugherstellers zu beachten.

Als Arbeiten an unter Spannung stehenden Hochvoltsystemen gelten alle Tätigkeiten, bei denen Personen mit Körperteilen oder Gegenständen wie Werkzeugen, Geräten oder Hilfsmitteln mit Hochvolt-Komponenten oder -Teilen in Berührung kommen können, wenn der spannungsfreie Zustand nicht sichergestellt werden kann, beispielsweise bei verunfallten Elektrofahrzeugen. In solchen Fällen muss grundsätzlich von einer elektrischen Gefährdung ausgegangen werden.

Laut DGUV Information 209-093 ist für die Qualifizierung zur Stufe 3S eine abgeschlossene Ausbildung im Kraftfahrzeug- oder Elektrobereich sowie eine nachweisbare Qualifikation der Stufe 2S erforderlich. Zusätzlich müssen die Teilnehmenden mindestens 18 Jahre alt sein, eine gültige Erste-Hilfe-Ausbildung einschließlich Herz-Lungen-Wiederbelebung vorweisen und gesundheitlich für diese Tätigkeiten geeignet sein.
Die Qualifizierung für Arbeiten an unter Spannung stehenden Hochvoltsystemen baut auf der Stufe 2S auf und vermittelt vertiefte theoretische und praktische Kenntnisse, um die besonderen Gefährdungen sicher beherrschen zu können. Sie schließt mit einer theoretischen und praktischen Prüfung ab.
Regelmäßige Schulungen sind erforderlich, um das Wissen aktuell zu halten und den sicheren Umgang mit Hochvoltsystemen dauerhaft zu gewährleisten.

5. Wartung und Reparatur

Wartung und Reparatur an Elektrofahrzeugen – sicher, strukturiert und nach Herstellervorgaben

Arbeiten an Elektrofahrzeugen erfordern besondere Sorgfalt, auch wenn auf den ersten Blick keine Hochvoltkomponenten betroffen sind. Bereits durch die enge Vernetzung moderner Systeme können selbst einfache Eingriffe an konventionellen Bauteilen Auswirkungen auf das Hochvoltsystem haben. Entscheidend ist daher eine strukturierte Vorgehensweise, bei der die Sicherheit aller Beteiligten jederzeit gewährleistet bleibt.

1

Gefährdungsbeurteilung im Betrieb: Basis für sicheres Arbeiten

Vor Aufnahme der Arbeiten muss eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden. Sie bildet die Grundlage für alle Schutzmaßnahmen und muss regelmäßig sowie bei sicherheitsrelevanten Änderungen überprüft und angepasst werden. Die Verantwortung dafür liegt bei der fachkundigen und verantwortlichen Person im Betrieb oder bei der Unternehmerin beziehungsweise dem Unternehmer.

2

Arbeitsplatzvorbereitung – damit jede Arbeit sicher starten kann

Ein sicherer Arbeitsablauf beginnt mit der geeigneten Vorbereitung:

  • Der Arbeitsplatz ist sauber, klar abzugrenzen und mit Warnhinweisen zu kennzeichnen.
  • Nicht beteiligte Personen sind vom Gefahrenbereich fernzuhalten.
  • Alle benötigten Werkzeuge und Messgeräte müssen isoliert, geprüft und für den vorgesehenen Zweck geeignet sein. Auch Hebebühnen und andere Arbeitsmittel müssen für den Einsatz an Elektrofahrzeugen geeignet sein.
  • Die vorgeschriebene persönliche Schutzausrüstung (PSA) ist bereitzuhalten.
  • Absperr- und Sicherungsmaterial ist bereitzuhalten. Dazu zählen Absperrbänder, Sicherheitskegel, Warnschilder und Abschrankungen zur Kennzeichnung des Arbeitsbereichs.

3

Persönliche Schutzausrüstung (PSA) – grundlegender Schutz bei jedem Eingriff

Die zu verwendende persönliche Schutzausrüstung richtet sich nach den durchzuführenden Arbeiten sowie den Herstellervorgaben.

  • Isolierende Handschuhe der Schutzklasse 0
  • Vollgesichtsschutz (Helm mit integriertem Visier)
  • Flammhemmende, ableitfähige Schutzkleidung
  • Isolierende Sicherheitsschuhe

Vor jedem Einsatz ist die PSA auf Beschädigungen zu prüfen. Defekte Ausrüstung darf nicht verwendet werden.

Hinweis zur Notfallvorsorge:

Ein isolierender Rettungshaken sowie eine vollständige Erste-Hilfe-Ausrüstung sollten griffbereit und in unmittelbarer Nähe des Arbeitsbereichs vorhanden sein. Diese Ausstattung dient der schnellen und sicheren Rettung im Falle eines Stromunfalls und ist regelmäßig auf Vollständigkeit und Funktion zu prüfen.

4

Werkzeuganforderungen – warum nur geprüfte HV-Werkzeuge eingesetzt werden dürfen

Für Arbeiten an Hochvoltsystemen dürfen ausschließlich dafür zugelassene und geprüfte Werkzeuge verwendet werden. Sie müssen den geltenden Normen entsprechen, isoliert sein und eine Spannungsfestigkeit von mindestens 1000 V aufweisen. Sichtprüfungen vor jedem Einsatz sind verpflichtend. Nur vollständig geprüfte und unbeschädigte Werkzeuge gewährleisten die notwendige Sicherheit.

Schublade mit isoliertem Hochvolt-Werkzeugsatz, darunter Stecknüsse, Schraubendreher und Spezialwerkzeuge, geprüft und ausgelegt für Arbeiten an spannungsführenden HV-Systemen.
Isoliertes HV-Werkzeug, geprüft und für ≥ 1000 V ausgelegt
5

Spannungsfreischaltung – sichere Entscheidungen vor jeder Reparatur

Bevor mit Wartungs- oder Reparaturarbeiten begonnen wird, ist grundsätzlich zu prüfen, ob das Fahrzeug spannungsfrei geschaltet werden muss. Es sind stets die Herstellervorgaben zu beachten. Bestehen Unsicherheiten, ist der sichere Weg zu wählen. Das Fahrzeug ist nach Herstellervorgabe spannungsfrei zu schalten. Die Sicherheit aller Beteiligten steht an erster Stelle.

6

Die fünf Sicherheitsregeln – unverzichtbare Grundlage jeder HV-Arbeit

Für Arbeiten an Hochvoltsystemen gelten die anerkannten fünf Sicherheitsregeln der Elektrotechnik in angepasster Form:

  • Freischalten
  • Gegen Wiedereinschalten sichern
  • Spannungsfreiheit feststellen
  • Erden und kurzschließen
  • Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken.

Die ersten drei Sicherheitsregeln müssen bei Arbeiten am Hochvoltsystem immer umgesetzt werden. Ob Regel vier und fünf zusätzlich erforderlich sind, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Die Herstellervorgaben sind dabei stets zu beachten.

7

Spannungsfreischaltung in der Praxis – was Hersteller unterscheiden und Werkstätten beachten müssen

Die Arbeit an Elektrofahrzeugen unterscheidet sich im Ablauf je nach Fahrzeughersteller. Daher sind bei allen Arbeiten, auch beim Austausch von 12-Volt-Komponenten, stets die jeweiligen Herstellervorgaben zu beachten. Einige Hersteller schreiben vor, dass vor einem Eingriff in das 12-Volt-Bordnetz, beispielsweise beim Austausch des intelligenten Batteriesensors, das Hochvoltsystem spannungsfrei geschaltet werden muss. Wird diese Vorgabe nicht beachtet, kann es vorkommen, dass die Hochvoltschütze unter Last öffnen und dadurch beschädigt werden können.

Auch die Vorgehensweise der Spannungsfreischaltung selbst kann sich zwischen den einzelnen Herstellern unterscheiden. Während bei einem Fahrzeug die Spannungsfreiheit des Hochvoltsystems mit einem geeigneten Messgerät nachgewiesen und protokolliert werden muss, wird bei einem anderen dieser Zustand, vorausgesetzt das Hochvoltsystem ist fehlerfrei, durch eine Anzeige oder Meldung im Kombiinstrument bestätigt.

Die Freischalt- und Prüfanweisungen des jeweiligen Fahrzeugherstellers sind bei jeder Arbeit am Elektrofahrzeug exakt zu beachten. Nur so lässt sich sicherstellen, dass keine ungewollten Spannungen anliegen und keine Folgeschäden an Hochvoltschützen oder Steuergeräten entstehen.

Schematische Darstellung der 12-V- und Hochvolt-Topologie eines Elektrofahrzeugs mit BMS, pyrotechnischer Batterie-Trennung, HV-Schützen und den HV-Anschlüssen für Plus und Minus.
Beispielhafte Darstellung: Das BMS wird über die 12-V-Bordnetzbatterie versorgt. Bei Unterbrechung der 12-V-Versorgung öffnen die Hochvoltschütze. (1)12-V-Batterie, (2) Pyrotechnische Batterie-Trennung, (3) BMS (Battery Management System), (4) Hochvoltbatterie (HV-Batterie), (5) Hochvoltschütz (+), (6) Hochvoltschütz (–), (7) Hochvoltanschluss (+), (8) Hochvoltanschluss (–)
6. Fazit

Fazit und Ausblick

Die Elektromobilität verändert den Werkstattalltag grundlegend. Neben neuen Komponenten und Diagnoseverfahren steht vor allem die Sicherheit im Mittelpunkt. Arbeiten am Hochvoltsystem dürfen ausschließlich von qualifiziertem Fachpersonal mit nachweislicher Hochvolt-Schulung durchgeführt werden. Werkstätten, die sich frühzeitig mit den technischen Grundlagen, Qualifikationsstufen und Sicherheitsanforderungen vertraut machen, sichern sich einen entscheidenden Wissensvorsprung und positionieren sich als kompetente Ansprechpartner für moderne Fahrzeugtechnik.

Mit dem weiteren Ausbau der E-Mobilität steigt auch der Bedarf an spezialisierten Fachkräften, die Hochvoltsysteme sicher und fachgerecht prüfen und Reparaturen nach Herstellervorgaben durchführen können. Gleichzeitig bleibt ein großer Teil der bekannten Systeme erhalten. Die Kombination aus bewährtem Know-how im Niedervoltbereich und gezielter Qualifikation im Hochvoltsegment bildet die Grundlage für den sicheren Umgang mit elektrifizierten Fahrzeugen.

Kontinuierliche Weiterbildung, verlässliche technische Informationen und eine gelebte Sicherheitskultur sind entscheidend, damit Werkstätten auch im Zeitalter der Elektromobilität erfolgreich arbeiten können. Der Wandel ist bereits im Gange und wird mit Fachwissen und Verantwortung aktiv gestaltet.

Weitere Informationen zu den Themen Hochvoltsysteme, Sicherheit und Qualifikation sowie zu angrenzenden Fachbereichen finden Sie auf folgenden Themenseiten:

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