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Sechs Mythen zur Klimaanlage

04-05-2018

Hättet ihr‘s gewusst? Eure Werkstattkunden werden auf jeden Fall staunen und ihr behaltet einen kühlen Kopf. Wir klären sechs Mythen zur Pkw-Klimaanlage was Handhabung, Wartung und Reparatur angeht.

1.    Wenn es heiß wird..
„Es macht nur Sinn die Klimaanlage zu aktivieren, wenn es richtig heiß ist.“ Dies hören Kfz-Profis von Kundenseite immer wieder. Die Aussage erscheint ‚gefühlt‘ völlig korrekt. Warum die Luft im Fahrzeuginnenraum kühlen wenn es draußen nasskalt und frisch ist?
Doch auch eine Klimaanlage unterliegt dem Verschleiß. Läuft ein Klimasystem nicht regelmäßig, ist die Schmierung des Klimakompressors, der Dichtungen und der Schläuche nicht mehr gewährleistet. Materialien werden porös, dies führt zu Undichtigkeiten. Das Kompressoröl im Kältemittelkreislauf bindet aufgrund seiner hygroskopischen Eigenschaften, Wasser. Dies fördert zusätzlich die Alterungsprozesse und den Verschleiß der Komponenten. Die Folgen können Undichtigkeiten und Kältemittelverlust sein, die Kühlleistung verringert sich immer mehr.
Der regelmäßige Betrieb der Klimaanlage in den kälteren Jahreszeiten hat jedoch auch ihren praktischen Nutzen. Die Anlage entzieht der Luft im Innenraum die Feuchtigkeit und hilft gegen beschlagene Scheiben, zum Beispiel bei Regenwetter. Hinzu kommt die Reinigungsfunktion. Durch Feuchtigkeit und Schmutz können sich bei längeren Standzeiten Bakterien und Schimmelpilze in den Lüftungsschächten sowie auf dem Verdampfer der Klimaanlage ansiedeln. Es können auch üble Gerüche entstehen. Läuft die Klimaanlage regelmäßig, wird dem effektiv entgegengewirkt. Aber Achtung! Die meisten Klimaanlagen in modernen Fahrzeugen laufen systembedingt erst ab 3-5°C an.

Ratet ihr euren Werkstattkunden die Klimaanlage auch in der kälteren Jahreszeit mindestens einmal die Woche für rund 10 Minuten zu aktivieren? So behalten Ihre Kunden auch im Hochsommer einen kühlen Kopf. Sie leiden weniger unter allergischen Reaktionen und müssen nicht die Nase rümpfen.

2.    Wenn nichts mehr geht..
„Ein Klimaservice ist erst notwendig, wenn die Leistung der Klimaanlage stark abfällt.“ Auch diese Aussage gehört in das Reich der Mythen. Denn ist die Kühlleistung bereits stark eingeschränkt oder liefert die Anlage gar keine Kühlleistung mehr, können bereits teure Schäden an den Systemkomponenten entstanden sein.
Grundsätzlich ist der Kältekreislauf nie einhundert Prozent dicht. Das heißt, Kältemittel diffundiert über Schläuche oder O-Ringe aus. Zusätzlich altern kautschukhaltige Bauteile und werden porös. Der Gesetzgeber hat eine maximal zulässige Obergrenze von 40g bei Fahrzeugen mit einem Verdampfer und 60g bei Fahrzeugen mit zwei Verdampfern festgelegt. Mehr Kältemittel sollte im Jahr nicht austreten. Beträgt der Verlust mehr als 10 Prozent im Jahr, ist das System undicht.

Zu wenig Kältemittel im System führt nicht nur zur mangelnder Kühl-, Trocknungs- und Reinigungsleistung der Anlage sondern auch zur mangelhaften Schmierung des Kompressors sowie zu höheren Systemtemperaturen. Dauerhafte und teure Schäden an der Hardware sind nicht auszuschließen. Aus diesem Grund sollte jedes Jahr ein Klimacheck und spätestens alle zwei Jahre ein kompletter Klimaservice durchgeführt werden, auch wenn die Klimaanlage – gefühlt – noch gut funktioniert. Zusätzlich zu den Arbeiten eines jährlichen Klimachecks gehören zum Klimaservice der Austausch des Kältemittels, des Filtertrockners sowie des Innenraumfilters. Im Übrigen ist ein Sachkundenachweis für Arbeiten an Klimaanlagen notwendig.

3.    Mischen Impossible..
Das Absaugen des alten Kältemittels und die Neubefüllung ist Teil eines jeden Klimaservices. „Wenn vorher das Kältemittels R134a zum Einsatz kam, kann ich es durch das neue Kältemittel R1234yf ersetzen.“ Nein, das ist nicht möglich! Was jedem Kfz-Profi klar ist, muss dem Werkstattkunden noch längst nicht bekannt sein. Er denkt an die Umwelt und möchte das umweltfreundlichere Kältemittel (GWP-Wert=4) in die Anlage eingefüllt bekommen. Das ist jedoch weder technisch möglich (die Anschlusskupplungen an den Klimaanlagen sind je nach Anlage und Kältemittel aus Sicherheitsgründen unterschiedlich), noch erlaubt! Der Kfz-Profi muss zwei Klimaservicegeräte für Fahrzeuge mit den beiden Kältemitteln R134a und R1234yf bereithalten. Andersherum ist der Ersatz (aus Kostengründen) von R1234yf durch R134a nicht ohne weiteres möglich und rechtlich auch nicht zulässig.
Das Gleiche gilt für das Kältemittel-Öl. Es dient der Schmierung des Kompressors und der Abdichtung des Systems. Je nach Kompressor-Art (mechanisch oder elektrisch) kommen Polyalkylenglykole (PAG) oder Polyolester (POE) zum Einsatz. Die beiden Öle dürfen nicht gemischt werden! Beim elektrisch angetriebenen Kompressor kommt das Kompressoröl mit den Bauteilen wie der Spule in Kontakt, POE-Öle sind hochohmiger und somit elektrisch schlecht leitend. Vollsynthetische PAG-Öle kommen verstärkt bei Klimaanlagen mit R134a (gute Mischbarkeit) zum Einsatz, sie sind hygroskopisch und nehmen Feuchtigkeit aus der Umgebung auf. Der Kfz-Profi muss beim Einsatz von PAG-Ölen jedoch zwingend auf die Angaben des Fahrzeugherstellers beziehungsweise die korrekte Viskositätsklasse (PAG 46, PAG 100, PAG 150) achten. Standard PAG-Öle sind nicht geeignet für Klimaanlagen mit dem neuen Kältemittel R1234yf. Das Kältemittel-Öl PAG YF kann jedoch sowohl zusammen mit R134a als auch mit dem neuen Kältemittel R1234yf verwendet werden!
Eine „Universallösung“ stellen die Polyalphaolefine (PAO) beziehungsweise Mehrbereichsöle dar. PAO-Öle binden keine Feuchtigkeit (nicht hygroskopisch). Sie sind alternativ anstelle der unterschiedlichen PAG-Öle, die für R134a angeboten werden, teils auch zusammen mit dem Kältemittel R1234yf und für elektrische Kompressoren verwendbar. Auf jeden Fall muss der Kfz-Profi jedoch auf die Einhaltung der Produkt- und Herstellervorgaben achten!

4.    Die Feuchtigkeit muss raus..

„Das Evakuieren dient dazu, das Kältemittel aus der Klimaanlage zu bekommen“. Diese Aussage ist falsch! Vielmehr ist mit Evakuieren gemeint, die Klimaanlage von Feuchtigkeit zu befreien. Ein hoher Wasseranteil im Klimakreislauf kann beispielsweise zusammen mit dem Kompressor-Öl zu Emulsionsbildung führen. Zusätzlich kann es durch die Kombination von Kältemittel, Feuchtigkeit und ausgetretenem Trocknergranulat zur Bildung von Kieselsäure und anderen Substanzen und zur Beschädigung von Bauteilen kommen. Ist zu viel Feuchtigkeit im Klimasystem besteht die Gefahr, dass das Expansionsventil vereist. Die Zirkulation des Kältemittels ist dann stark eingeschränkt.
Ein Evakuieren geht mir der Bildung eines Vakuums einher. Dazu muss man wissen, dass sich Feuchtigkeit (Wassertröpfchen) nur im gasförmigen Zustand aus dem System entfernen lässt. Je größer das Vakuum, also je Leistungsfähiger die Vakuumpumpe, desto schneller läuft der Evakuierungs- beziehungsweise Entfeuchtungsprozess. Natürlich muss dazu die Klimaanlage absolut dicht sein.

5.    Lecksuche..

Es kommt vor, dass eine Klimaanlage durch ein Leck annähernd kältemittelfrei ist. „Ist in der Anlage kein Kältemittel vorhanden, muss sie für die Lecksuche erneut mit Kältemittel und Kontrastmittel befüllt werden.“ Auch das ist falsch! Das Prinzip ‚Fahrradschlauch und Waschbecken‘ darf hier keinesfalls angewendet werden. Da ein erneuter Austritt von Kältemittel droht, ist dies laut Chemikalienschutzverordnung nicht erlaubt. Eine Klimaanlage darf nur wiederbefüllt werden, wenn die Anlage absolut dicht ist! Das bewusste Ablassen von Kältemittel stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und wird mit Bußgeldern von bis zu 50.000,- EUR geahndet.
Eine Lecksuche gemäß Herstellervorgaben ist die Alternative. Die Lecksuche erleichtern dem Kältemittel beigesetzte ultraviolette Kontrastmittel, die über eine spezielle Lampe sichtbar werden. Der Einsatz von speziellem Formiergas ist ebenfalls eine Alternative. Dabei werden das Gas, bestehend aus 95 Prozent Stickstoff und 5 Prozent Wasserstoff, mit einem Druck von etwa 10-12bar in die leere Klimaanlage eingefüllt. Der Wasserstoffanteil dient als Spurengas, der wiederrum mit einem speziellen, elektronischen Lecksuchgerät detektiert werden kann.

6.    Gut gespült ist gut gekühlt..

„Ein Spülen der Klimaanlage ist nur bei Falschbefüllung notwendig“. Das ist nicht korrekt! Erneuert der Kfz-Profi beispielsweise einen defekten Klimakompressor, muss die Klimaanlage auf jeden Fall auch gespült werden. Nur so können etwaige Metallspäne, Schlamm oder Trocknergranulat vor dem Wiederbefüllen sicher entfernt werden. Da sich Kompressoren, Expansions- und Drosselventile oder der Filtertrockner beziehungsweise Akkumulatoren nicht spülen lassen, müssen sie während des Spülvorgangs durch Adapter überbrückt werden. Nach Abschluss des Spülvorgangs sind die Ventile, Filter und sämtliche O-Ringe an den Anschlussleitungen zu erneuern.
Durch die immer kompaktere Bauweise der Kondensatoren, ist es durchaus möglich, dass sich nicht alle Rückstände beim Spülen entfernen lassen. Hier liegt es tatsächlich im Ermessen des Kfz-Profis ob der Kondensator ebenfalls getauscht werden muss.

Zur optischen Überprüfung der Reinheit des Kältemittels bei Verdacht einer Verunreinigung, kommt der zwischengeschaltete Inspektor (ein Schauglasmodul) zum Einsatz. Der Spülvorgang selbst, ist mit Kältemittel oder mit einer chemischen Lösung möglich. Hierbei sind die Vorgaben der Komponenten- und Fahrzeughersteller zu beachten.

Weitere interessante Informationen und hilfreiche Tipps rund um Klimaanlagen findet ihr hier.