Elektronische Ladedruckregelung - Turboladeraktuator prüfen

Nützliches Wissen und wertvolle Tipps rund um das Thema Elektromechanische Regeleinrichtung für verstellbare Turbolader.

So gut wie jeder moderne Diesel- oder auch Benzinmotor wird heutzutage, zur Steigerung der Motorleistung und Effizienz, mit einem Abgasturbolader ausgerüstet. Damit immer der optimale Ladedruck zur Verfügung steht, muss dieser dem jeweiligen Lastzustand angepasst werden. In modernen Fahrzeugen übernimmt das die elektronische Ladedruckregelung. 

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ÍNDICE

Ladedruckregelung beim Turbolader: Grundlagen

Der Turbolader nutzt die Energie der Abgase um die Frischluft für die Verbrennung anzusaugen und zu verdichten. Dadurch gelangt eine größere Luftmenge und damit mehr Sauerstoff in den Brennraum. Die Motorleistung und das Motordrehmoment werden gesteigert. Einfach erklärt befinden sich im Abgasturbolader eine Abgas- und eine Verdichterturbine, die durch eine Welle miteinander verbunden sind. Das ausströmende Abgas aus dem Motor treibt die Abgasturbine und somit auch die Verdichterturbine an. 

 

Um den Ladedruck an den jeweiligen Lastzustand anzupassen und Motor und Turbolader zu schützen, wird eine Ladedruckregelung benötigt. Je nach Turboladertyp kann hier eine mechanisch-pneumatische oder elektromechanische Regeleinrichtung eingesetzt werden. Im weiteren Verlauf des Kapitels wollen wir primär auf die elektromechanische Regelung eingehen.

Elektromechanische Regeleinrichtung für Abgasturbolader

Der Turboladeraktuator, auch Steuerdose oder Ladedruckregler genannt, ist eine elektronische Regeleinrichtung für verstellbare Turbolader und wird überwiegend für Variable Nozzle Turbine (VNT) und Variable Turbine Geometry (VTG) Turbolader eingesetzt.

 

Bei diesen Turboladern mit variabler Turbinengeometrie steuert der Aktuator zuverlässig und präzise die Bewegung der Leitschaufeln. Durch die Verstellung der Leitschaufeln wird der Abgasstrom auf das Turbinenrad beeinflusst und damit der Ladedruck verändert und kann optimal auf alle Drehzahlbereiche angepasst werden. Nach einem, im Motorsteuergerät hinterlegtem, Kennfeld wird der benötigte Ladedruck geregelt. Das Motorsteuergerät sendet den gewünschten Ladedruck in Form eines Signals über eine Datenbusverbindung an den Turboladeraktuator. Der Aktuator verstellt entsprechend die Leitschaufeln nach der im Signal enthaltenen gewünschten Winkelstellung. 

 

Vorteile einer elektronischen Regeleinrichtung sind:

  • Schnelleres Ansprechen des Turboladers bereits bei niedrigen Drehzahlen
  • Exakte Einstellung der Leitschaufeln in allen Drehzahlbereichen
  • Verbesserung der Emissionswerte

Verstellung der Leitschaufeln

Im Turbinengehäuse sind bewegliche Leitschaufeln kreisförmig auf einem Trägerring positioniert und mit ihren Wellen über Führungszapfen mit dem Verstellring verbunden. Der Verstellring ist wiederum über ein Gestänge mit dem Turboladeraktuator verbunden. 

 

Wird der Verstellring durch den Aktuator bewegt, werden alle Leitschaufeln synchron verstellt und somit der Turbineneingangsbereich verkleinert oder vergrößert. Das wiederum hat Einfluss auf das Strömungsverhalten im Abgasfluss und somit auf die Turbinendrehzahl. Dadurch kann der Ladedruck gezielt erhöht oder verringert werden. 

Der Turboladeraktuator: Aufbau und Funktion

Die Hauptfunktion des Aktuators besteht darin, die Welle in die vom Steuergerät vorgegebene bzw. sich aus dem Kennfeld errechnete Position zu bringen.

 

Mithilfe des kontaktlosen induktiven Positionssensors (CIPOS-Sensor) wird kontinuierlich die Position der Welle bestimmt und aktiv zurückgemeldet. Die Winkelbestimmung erfolgt dabei induktiv über ein berührungsloses und somit verschleißfreies Verfahren und gewährleistet dadurch eine hohe Messgenauigkeit über die gesamte Lebensdauer. Besonders die Unempfindlichkeit gegenüber magnetischen Feldern und die hohe Temperaturstabilität zeichnen die eingesetzte CIPOS-Technologie aus.

 

Die integrierte Elektronik umfasst neben dem CIPOS-Sensor zur präzisen Positionsbestimmung, auch die Ansteuerung des Elektromotors und eine Fehlerdiagnose. So können Fehler erkannt, zurückgemeldet und entsprechende Reaktionen automatisch daraus abgeleitet werden. Der Aktuator hat einen flexiblen Arbeitswinkelbereich und führt eine kontrollierte Bewegung bis zum Endanschlag aus. 

 

Die Kommunikation im Fahrzeug ist je nach Ausführung sowohl über CAN-Bus als auch über ein pulsweitenmoduliertes Signal (PWM) möglich.

Elektronischer Ladedruckregler defekt

Ein Ausfall des elektromechanischen Turboladeraktuators kann sich wie folgt darstellen:

  • Leistungsverlust
  • Schlechte oder mangelhafte Beschleunigung
  • Aufleuchten der Motorkontrollleuchte
  • Reduzierung der Fahrzeuggeschwindigkeit
  • Fahrzeug läuft im „Notlauf-Modus“
     

Ursache für defekte elektronische Ladedruckregler: Ausfallursache

Ursachen für einen Defekt am Turboladeraktuator können sein:

  • Gestänge der Regeleinrichtung oder Leitklappen schwergängig oder defekt
  • Korrosion der elektrischen Bauteile durch Umwelteinflüsse (Wasser, Salz, etc.)
  • Mechanische Beschädigungen durch Fremdeinwirkung

 

Einem Defekt am Getriebe des Turboladeraktuators geht in der Regel ein Mangel an der Leitschaufelverstellung am Turbolader voraus. Durch den Abgasstrom entstehen mit der Zeit starke Verunreinigungen im Inneren des Turboladers. Durch diese Rußbildung wird die Gangbarkeit der Leitschaufeln verschlechtert. Das führt zu einem höheren Drehmomentaufwand für den gesamten Stellantrieb und letztlich zum Getriebeschaden am Aktuator und zum Fehlereintrag im Motorsteuergerät.

Fehlersuche und Reparatur des elektronischen Ladedruckreglers: Reparaturhinweis

Im Rahmen der Fehlersuche sollte nach der Steuergerätediagnose zuerst eine Sichtprüfung am Turbolader im Motorraum durchgeführt werden.

 

Der Turbolader mit seinen einzelnen Komponenten sollte immer als Einheit betrachtet und diagnostiziert werden. Die meisten Fahrzeughersteller liefern keine Ersatzteile für VNT/VTG Turbolader. Das liegt nicht daran, dass man den Technikern in der Werkstatt den Umbau einzelner Komponenten nicht zutraut, sondern daran, dass der Turbolader und der elektromechanische Aktuator vor dem Einbau ins Fahrzeug exakt aufeinander abgestimmt werden müssen. Diese Kalibrierung erfolgt im ausgebauten Zustand auf einer Strömungsbank für Turbolader (Flowbench oder flow bench). Auf diesem speziellen Prüfstand wird im Rahmen einer Grundeinstellung die fahrzeugspezifische Durchflussrate (MIN/MAX flow) ermittelt und eingestellt. Dazu kann es je nach Ausführung erforderlich sein, dass einige Aktuatoren vor der Kalibrierung zuerst mit einem speziellen Kennfeld aktiviert werden müssen, um anschließend im Fahrzeug vom Motorsteuergerät erkannt werden zu können.

Obwohl viele Turboladeraktuatoren äußerlich gleich aussehen sind der Aufbau und die Konfiguration, je nach Fahrzeugtyp und Turboladereinheit, unterschiedlich ausgeführt und abgestimmt. In der jeweiligen Kombination mit dem Turbolader nach Anforderungen der Fahrzeughersteller, können zwei Arten von HELLA Turboladeraktuatoren eingebaut sein. Hier wird zwischen den Ausführungen „Smart” und „Simple“ unterschieden. Durch ein integriertes Steuergerät regelt der „Smart“ autonom die Verstellung der Leitschaufeln, während der „Simple“ von einem übergeordneten Motorsteuergerät angesteuert wird. Obwohl optisch ähnlich, ist der technische Aufbau der Elektronik, des Getriebes oder der Gehäusekonfiguration grundlegend verschieden.

 

Eine Reparatur durch den Teiletausch diverser Komponenten untereinander, wie Getriebe oder Elektronik, aus verschiedenen Aktoren ist deshalb nicht möglich.

Prüfung mit dem Diagnosegerät am Beispiel eines Mercedes-Benz E350: Steuergerätediagnose

Die nachfolgenden Diagnoseinformationen werden beispielhaft an einem Mercedes-Benz E350 24V CDI (212) aus dem Baujahr 2014 dargestellt. 

 

Die Funktion des Turboladeraktuators wird durch das jeweiligen übergeordnete Systemsteuergerät überwacht. Auftretende Fehler werden im Fehlerspeicher des Motorsteuergerätes abgelegt und können mit einem geeigneten Diagnosegerät ausgelesen werden. Je nach Fahrzeug und System können zusätzliche Funktionen wie Parameter oder Stellgliedtest ausgewählt und im Diagnosegerät angezeigt werden. Die Daten der Steuergerätekommunikation sind die Basis für die eigentliche Fehlersuche und eine erfolgreiche Reparatur.

Fehlercode

In dieser Funktion können die im Fehlerspeicher abgelegten Fehlercodes ausgelesen und gelöscht werden. Zusätzlich können Informationen zum Fehlercode abgerufen werden.

 

In unserem Fallbeispiel wurde die elektrische Steckverbindung am Turboladeraktuator getrennt und dadurch der Fehlercode P004500 im Fehlerspeicher hinterlegt.

 

P004500 / Ladebegrenzungsklappe
> elektrischer Fehler oder Unterbrechung

Parameter

In dieser Funktion können aktuelle Messwerte wie Atmosphärendruck und Ladedruck ausgewählt und dargestellt werden.

Grundeinstellung

In dieser Funktion können die Anschlagswerte der neuen Turboladereinheit in das übergeordnete Steuergerät angelernt werden.

Stellgliedtest

In dieser Funktion kann der elektromechanische Turboladeraktuator durch das Diagnosegerät angesteuert werden. Somit kann ohne großen Demontageaufwand eine Funktionsüberprüfung der Peripherie und der entsprechenden Systemkomponente erfolgen.

Schaltpläne

Systemspezifische Schaltpläne können zur Fehlersuche aus den Fahrzeuginformationen herangezogen werden. Hier kann zum Beispiel die PIN-Belegung am Turboladeraktuator abgelesen und für die weitere Fehlersuche herangezogen werden. 

Hinweis!

Die unterschiedlichen Diagnosemöglichkeiten wurden beispielhaft anhand des Diagnosegerätes mega macs 77 dargestellt. Die jeweilige Prüftiefe und Funktionsvielfalt kann je nach Fahrzeughersteller unterschiedlich ausgelegt sein und ist abhängig von der jeweiligen Systemkonfiguration des Steuergerätes.

 

Schematische Darstellungen, Bilder und Beschreibungen dienen zur Erklärung und Darstellung des Dokumententextes und können nicht als Grundlage zur fahrzeugspezifischen Reparatur verwendet werden.

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