Trackday: Ein Tag auf der Rennstrecke

Faszination Trackday: Ein Tag auf der Rennstrecke

Nürburg in der Eifel, 7.30 Uhr morgens. Nebelschwaden ziehen durch den kleinen, ruhigen Ort, der um diese Uhrzeit gerade erst erwacht. Doch ein paar Meter die Hauptstraße hinunter Richtung Meuspath sind alle schon hellwach. Hier an der Einfahrt zur berühmt-berüchtigten Nürburgring-Nordschleife ist der Parkplatz voll: Dutzende Autos säumen den Asphalt. Hier und da checken ihre Fahrer den Luftdruck der Reifen oder sind ins Gespräch mit anderen Fahrern vertieft. 


Obwohl heute kein Rennen ansteht, rollen die ersten Fahrzeuge auf die Rennstrecke in der Eifel. Denn heute steigt auf dem Nürburgring ein sogenannter Trackday, „eine von meist unabhängigen Veranstaltern organisierte Sportveranstaltung, bei der die Verbesserung der eigenen fahrerischen Fähigkeiten im Mittelpunkt steht“, erklärt uns Moritz. Seit Jahren in der Trackday-Szene zuhause, nimmt er uns heute in seinem schwarzen Honda Civic mit. Kein gewöhnlicher Civic, das signalisieren bereits der riesige Heckflügel und die üppig dimensionierte, knallrote Bremsanlage. Es handele sich um einen 320 PS starken Civic Type R, erklärt uns Moritz, eine für den Rennstrecken-Einsatz optimierte Version des japanischen Kompaktmodells. 

Trackday: Faszination an Fahrdynamik und Verbesserung des eigenen fahrerischen Könnens

Doch Motorleistung sei eher zweitrangig, versichert uns Moritz: „Beim Trackday fahren genauso nagelneue 520-PS-Porsche, als auch ältere BMW 3er oder Opel Kadetts mit“, so Moritz. Was ihre Fahrer verbindet, sei die Faszination an Fahrdynamik und die Verbesserung des eigenen fahrerischen Könnens. „Hier werden keine Rennen gefahren, eine offizielle Zeitnahme findet auch nicht statt“, berichtet Moritz. Wichtiger sei der faire Umgang miteinander auf der Strecke und das Gemeinschaftsgefühl. Und tatsächlich fällt auf, dass jeder mit jedem zu sprechen scheint, unabhängig von Fabrikat und Motorleistung.
 

Ein Trackday ist dabei für jeden zugänglich, der einen fahrbaren Untersatz hat – egal, ob es sich um einen Supersportwagen oder um ein gewöhnliches Straßenfahrzeug handelt. Die meisten Fahrzeuge hier am „Ring“ sind tiefergelegt und weisen zahlreiche weitere Optimierungen auf. Fast wie beim regelmäßigen Tuner-Treffen an der örtlichen Tankstelle, oder? Das möchte Moritz so nicht stehen lassen. „Beim Trackday geht es uns Fahrern in erster Linie weniger um das optische Tuning wie den meisten Auto-Tunern. Natürlich isst das Auge auch immer mit. Wir optimieren unsere Autos aber hauptsächlich mit dem Ziel, das Maximum an Performance und Sicherheit herauszuholen, um schnell und sicher das fahrdynamische Limit zu erkunden“.

Beim Trackday gilt: Safety first

Besonders wichtig sei dabei, dass das Auto in einem guten Zustand ist. "Es ist wichtig, dein Auto für die Rennstrecke vorzubereiten", betont der Trackday-Fahrer. "Du musst die Bremsen, die Reifen und die Flüssigkeiten überprüfen, um sicherzustellen, dass alles passt und du keine Probleme auf der Strecke bekommst." 


Kurz bevor uns Moritz mit auf die Strecke nimmt, checkt er den Luftdruck und lässt noch ein wenig Luft ab. Der richtige Luftdruck sei von zentraler Bedeutung, so der Civic-Fahrer. „Denn auf der Strecke heizen sich die Reifen auf, sodass auch der Luftdruck ansteigt“. Ein zu hoher Luftdruck sei genauso suboptimal wie ein zu niedriger.

Die Motorleistung ist bei einem Trackday eher zweitrangig – auch, wenn das Auge natürlich mit isst.

Die Motorleistung ist bei einem Trackday eher zweitrangig – auch, wenn das Auge natürlich mit isst. 

Aus Sicherheitsgründen setzen wir als Beifahrer genauso wie alle anderen Teilnehmer einen speziellen Helm auf. „Bei einem Trackday gilt Helmpflicht. Denn auch wenn es nicht um die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten oder das Aufstellen neuer Rundenrekorde geht: Motorsport ist und bleibt gefährlich“, erklärt der Trackday-Experte. Dass auf der Strecke nichts passiert, dafür sorgen einige Regeln, die die Veranstalter aufstellen. Es gibt Regeln für Überholmanöver und Verhaltensweisen auf der Strecke, die man beachten muss, um Unfälle zu vermeiden. Bei vielen Veranstaltern gilt beispielsweise die Regel, dass ausschließlich auf der linken Seite überholt wird. Wer sich nicht daran hält, kann nach Hause fahren.

Endlich rollen wir über den Parkplatz Richtung Rennstrecke. Die Spannung steigt, ein wenig mulmig wird uns jetzt doch schon. Und wir werden nicht enttäuscht. Auf der Rennstrecke beschleunigt Moritz so durch, dass uns ganz anders wird. Mit 240 km/h geht es auf der „Döttinger Höhe“ auf einen Links-Knick zu. Die folgende Kurvenkombination nimmt der 44-Jährige mit einer Geschwindigkeit, die uns Hören und Sehen vergehen lässt. Dass die Reifen eines Autos so enorm viel Grip aufbauen können, überrascht uns total.

Achterbahn-verdächtige Geschwindigkeiten

Und genauso geht es weiter. Über die kompletten 20,8 Kilometer der gefährlichsten und herausforderndsten Rennstrecke der Welt. Die Kräfte und Beschleunigungen, die beim Bremsen und bei den vielen Kurvenfahrten auf uns wirken, sind Achterbahn-verdächtig und mit nichts zu vergleichen, was man im normalen Straßenverkehr erleben kann.

Trotz der hohen Geschwindigkeiten fällt uns auf, wie rücksichtsvoll die Fahrer auf der Rennstrecke miteinander umgehen. Immer wieder schaut Moritz in den Rückspiegel und lässt schnellere Autos vom Schlage eines Porsche 911 GT3 oder BMW M4 vorbei. Langsamere Teilnehmer setzen den Blinker rechts, wenn sie uns Platz machen wollen. Kurzes Handheben, um sich zu bedanken und weiter geht’s: Mit Vollgas durch die Fuchsröhre, die uns aufgrund der enormen Kompression in die Sitze drückt, durch die Steilkurve des Caracciola-Karussells, das uns so kräftig durchschüttelt, dass die Plomben wackeln.

Die einen machen Yoga, die Verrückteren einen Trackday

Als wir nach etwas mehr 8 Minuten zurück auf den Parkplatz rollen, müssen wir erst einmal durchatmen. „Es gibt wenig Vergleichbares zum Fahren auf einer Rennstrecke", schwärmt Moritz. „Die Geschwindigkeit, die Kurven, der Grip der Reifen, sich selbst immer weiter verbessern, das macht die große Faszination aus“, ist Moritz überzeugt. „Andere machen Yoga, um im viel Beschworenen Hier und Jetzt zu sein und komplett abschalten zu können. Die etwas Verrückteren fahren halt Rennstrecke“, lacht Moritz. Der Effekt sei der gleiche: „Du bist zu einhundert Prozent konzentriert, es gibt nur noch dich, dein Auto und die Strecke. Da bleibt kein Platz für andere Gedanken“.

Die Fahrer möchten bei einem Trackday ihre eigenen fahrerischen Fähigkeiten verbessern.

Die Fahrer möchten bei einem Trackday ihre eigenen fahrerischen Fähigkeiten verbessern.

Am frühen Abend geht der Trackday ohne größere Zwischenfälle zu Ende. Wir sind geschafft, aber dankbar, diesen Tag erlebt zu haben. Und haben tatsächlich Blut geleckt. Obwohl es eine Herausforderung sein kann, auf der Rennstrecke zu fahren, betont Moritz, dass es für jeden möglich ist, einen Trackday zu besuchen und seine Fähigkeiten zu verbessern. „Es geht darum, langsam anzufangen und sich langsam zu steigern“, sagt er. "Man sollte nicht versuchen, zu schnell zu fahren oder zu viel auf einmal zu wollen. Es geht darum, sich selbst herauszufordern und zu lernen, wie man ein besserer Fahrer wird." Für Einsteiger haben einige Veranstalter spezielle Events im Angebot, um sich langsam heranzutasten. Für uns steht fest: Es wird nicht unser einziger Trackday gewesen sein. 

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