24 SOFTWARE ALS PRODUKT Wir haben im Bereich der kamerabasierten Assistenzsysteme über viele Jahre einzigartige Expertise gesammelt – mit klarem Fokus auf Software. Kay Talmi, Geschäftsführer, HELLA Aglaia Welche anderen Systeme be- stimmen den Markt bislang? In der Regel bieten die Hersteller ihre Chips mit bereits vollständig integrierten Funktionen an. Als Kunde muss man also immer das gesamte Software-Paket abnehmen. Wer später ein Update möchte, zum Beispiel ein neues Verkehrszeichen, das im alten Umfang der Erkennung noch nicht enthalten war, der muss wohl oder übel auf die nächste Produktgeneration warten. HELLA setzt dagegen mit dem neuen Angebot auf Dynamik und Flexibilität. Wie wird das Angebot von HELLA bisher angenommen? Die Reaktionen im Markt sind ausgesprochen positiv. Wir haben einen ersten wichtigen Auftrag gewonnen und werden voraussichtlich 2019, spätestens 2020, einen deutschen Premi- um-Fahrzeughersteller beliefern. Ich bin mir ganz sicher, dass sich unsere Logik, Hardware und Software zu trennen, bei den Kunden durchsetzen wird. Produkte mit unveränderlich festgelegter Software werden durch optionale Modelle ersetzt werden, durch Architekturen und Baukästen, wie HELLA sie jetzt schon anbietet. Wir sind gerade dabei, passende Vertriebs- und Lizenzmodelle auszuarbeiten. Dabei wollen wir unsere Soft- ware nicht nur für Pkws anbieten, sondern auch für Trucks sowie Bau- und Landmaschinen. Wie würden Sie die kom- menden Entwicklungsschritte hin zu autonom fahrenden Fahrzeugen skizzieren? Welche Herausforderungen müssen technologisch bewältigt werden? Im Bereich der untersten beiden Stufen, also beim as sistierten Fahren, liegt die Herausfor- derung heute vor allem in der Bereitstellung kostengünstiger Lösungen, die für volumenträch- tige Fahrzeug segmente geeignet sind und zudem die Anforderun- gen des Euro-NCAP-Programms 2018 einhalten. Um dieses Ziel zu erreichen, greifen wir auf klassische Bildverarbeitungs- verfahren zurück, die es uns erlauben, kostenoptimierte Hardware-Plattformen einzuset- zen. Das Euro-NCAP-Programm sieht ab 2018 vier wesentliche Funktionen vor, die wir mit unseren Software-Modulen realisieren können: Verkehrszei- chenerkennung, Spurerken nung, Lichtassistent sowie Fußgänger- und Hindernis erkennung. 2018 ist nahe Zukunft. Welches Bild zeichnen Sie von den Jahren danach? Mit dem automatisierten bzw. autonomen Fahren, sprich ab Stufe 3, ändert sich das Bild. Diese Fahrsituationen lassen sich aufgrund der Komplexität nicht allein mit herkömmlichen Verfahren realisieren. Um zum Beispiel im innerstädtischen Verkehr mit all seinen Verkehrs- teilnehmern, Straßenschildern, Kreuzungen und Ampeln auto- nom fahren zu können, werden vielmehr Ansätze benötigt, die das notwendige Situationsver- ständnis bieten. Dieses Ver- ständnis können nur Verfahren liefern, die auf Methoden der künstlichen Intelligenz basieren. Wird künstliche Intelligenz damit zu einer neuen Schlüsselkompetenz von HELLA Aglaia? Auf jeden Fall. Auf mittelfristige Sicht kann sich dadurch auch das Berufsbild des Programmierers völlig verändern – und so auch unsere Arbeitsweise. Wenn selbstlernende Verfahren an Bedeutung gewinnen, wird der Entwickler nicht mehr fragen: Wie löse ich ein Problem? Son- dern: Wie liefere ich der Software den besten Input, damit sie das