Zwischen Nachhaltigkeit und Technologie: Leidenschaft für die moderne Landwirtschaft

Zwischen Nachhaltigkeit und Technologie: Leidenschaft für die moderne Landwirtschaft

07-06-2021

Jacqueline Dresbur hat sich ganz der Landwirtschaft verschrieben. Die 19-Jährige repräsentiert die neue Generation von Landwirtinnen und Landwirten, die für eine moderne Landwirtschaft stehen, die nachhaltiger und technologischer wird.

Jacqueline ist in der Landwirtschaft groß geworden. Die Eltern betreiben rund 25 Kilometer südlich von Lippstadt in Warstein-Hirschberg einen Nebenerwerbsbetrieb, der nachhaltige tierische Produkte in Eigenregie vertreibt. Sie selbst begeistert sich seit Kindesbeinen für Tiere und Bauernhöfe. „Als Kind habe ich meinen Vater immer genervt, weil ich unbedingt mal Kühe melken wollte“, lacht die sympathische junge Frau. „Das habe ich dann in einem Betrieb bei uns im Ort gemacht. In der 5. Klasse war ich fast jeden Tag da. Dabei habe ich meine Liebe für Kühe entwickelt. Damals kam eins zum anderen. Je tiefer ich in die Landwirtschaft eintauchte, desto mehr Leidenschaft entwickelte ich für das Thema.“

Heute studiert sie Agrarwirtschaft an der Fachhochschule Südwestfalen am Standort Soest. Damit ist die junge Studentin selbst im recht ländlich geprägten Kreis Soest, in dem Warstein-Hirschberg liegt, eine echte Exotin. „In meinem Freundeskreis studieren die Leute Medizin, Betriebswirtschaft oder Psychologie“, verrät Jacqueline. „Und auch aus meiner Realschule ist nur ein anderer in die Landwirtschaft gegangen. Allerdings war es für meine Freunde keine Überraschung, dass ich Agrarwirtschaft studiere. Ich habe ja immer schon etwas mit Landwirtschaft gemacht. Man kennt das nicht anders von mir. Wenn ich Verabredungen mit meinen Freunden kurzfristig um zwei Stunden verschieben muss, kommt dann schon mal ein Spruch wie „Jau, grüß‘ den Trecker von mir.“

 

Kleiner Hofladen, große Herausforderungen

Seit einem Jahr betreibt die junge Agrarstudentin zudem einen eigenen Laden auf dem Hof der Eltern. Dabei legt Jacqueline Wert auf einen nachhaltigen, regionalen Ansatz. „Wir bauen im zweiten Jahr Kürbisse an, sowie Popcornmais und Sonnenblumen, um die Kerne zu ernten“, berichtet Jacqueline. Außerdem haben wir hofeigene Eier, Mehl und Säfte im Angebot. Fleischwaren, Wurst, Marmelade, Honig und Kartoffeln kaufen wir von Zulieferern in einem Umkreis von nicht mehr als 30 Kilometern zu, wobei ich alle Zulieferer persönlich kenne“.

Die große Herausforderung: Den Hofladen wirtschaftlich zu betreiben. „Wenn man jede Stunde, die ich, mein Opa, mein Freund und meine Eltern in den Hofladen stecken, verrechnen würde – selbst zum Mindestlohn – sähe es ganz schlecht aus“, räumt Jacqueline ein. „Ich mache vieles aus Liebe für die Landwirtschaft und rechne da nicht viel.“ Eine Herausforderung, die viele Bauern teilen: „Viele Landwirte sind abhängig vom Lebensmitteleinzelhandel“, erklärt Jacqueline. „Der drückt allerdings die Preise, weil er aus dem Ausland importieren kann. Wir haben in Deutschland, sehr, sehr hohe Standards, die wir einhalten müssen. Deshalb können wir einfach nicht so günstig produzieren, wie in einigen anderen Ländern, wo die Tiere teilweise sogar in Hochhäusern gehalten werden. Dahingehend ist die Globalisierung ein sehr großer Nachteil.“

Grundsätzlich wirbt Jacqueline dafür, dass sich Verbraucher mehr mit der Frage beschäftigen, wo die Produkte herkommen und sich fragen, ob man nicht beim Bauern vor Ort kaufen kann. Aus diesem Grund versucht die umtriebige Studentin, Konsumenten auf Facebook und Instagram über die Probleme der deutschen Landwirtschaft und nachhaltigen Lebensmittelkonsum aufzuklären.

Doch worin genau besteht die Leidenschaft für eine Branche, die unter wirtschaftlichem und nicht selten unter gesellschaftlichem Druck steht, die mit ständig neuen Auflagen und zunehmender Bürokratie zu kämpfen hat? „Mich fasziniert die Vielfältigkeit, kein Tag ist gleich“, schwärmt Jacqueline. „Wir Landwirte müssen von sehr vielen Dingen Ahnung haben. Das ist zwar auf der einen Seite spannend, aber eben auch eine Herausforderung, immer auf dem aktuellen Stand bleiben zu müssen“.

 

Neue Technologien halten Einzug in die moderne Landwirtschaft

Und dann wäre da noch dieses kleine Wunder der Natur: „Dass aus einem kleinen Korn unser Brot wird, das finde ich faszinierend. Diese Form der Wertschöpfung ist schon beeindruckend. Auch das Zusammenspiel mit dem Wetter und die neuen Technologien, die der Landwirtschaft zur Verfügung stehen, sind superspannend.“

So hält etwa die Digitalisierung immer mehr Einzug in die moderne Landwirtschaft. „Die Gesundheit der Tiere kann heute zum Beispiel schon sehr, sehr gut digital erfasst werden“, berichtet Jacqueline. Etwa durch die genaue Aktivitätsmessung oder Wiederkauaktivität bei Kühen. Besonders spektakulär ist auch diese Technologie: „Sogenannte N-Sensoren erkennen durch Lichtreflektion, wie viel Stickstoffbedarf eine Pflanze hat. Die Sensoren nutzen dabei die Eigenschaften der Pflanzen, dass sie je nach Nährstoff-Versorgung verschiedene Wellenlängen in unterschiedlichem Ausmaß reflektieren. Auf Basis der gemessenen Lichtreflektion steuert der Düngerstreuer hinten am Trecker die benötigte Stickstoffmenge und bringt Pflanzen genau so viel Düngemittel aus, wie die Pflanze braucht.“

Was genau Jacqueline, die im Sommer als Erntehelferin im Einsatz ist und sich auch in anderen landwirtschaftlichen Betrieben engagiert, nach ihrem abgeschlossenen Studium machen wird, weiß sie noch nicht genau. Das liegt vor allem an den vielfältigen Möglichkeiten, die sich der aktiven 19-Jährige durch die moderne Landwirtschaft bieten. Klar ist: „Der Landwirtschaft werde ich auf jeden Fall treu bleiben. Auch im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit möchte ich mich weiter engagieren. Und bis zu meinem Abschluss werde ich auch weiterhin Praktika in verschiedenen Bereichen absolvieren.“

Bleibt die Frage, wie Jacqueline die ganzen Aufgaben unter einen Hut bekommt. Jacqueline winkt entspannt ab: „Mein Tag fängt manchmal um 6 Uhr an, um 22 Uhr hört er auf. Man muss sich schon strukturieren. Aber wenn man Spaß hat, ist alles möglich!“